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World Health Summit

„Building Trust“: internationale Stakeholder ins Gespräch bringen

19. September 2024
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Prof. Dr. Axel Radlach Pries ist Professor für Physiologie, spezialisiert auf die Mikrozirkulation des Blutes, und war Dekan der Berliner Charité. Seit 2021 führt der Mediziner den World Health Summit als Präsident in die Zukunft.

von Cornelia Heim

Der diesjährige World Health Summit steht im Fokus von Trust, der Bedeutung von Vertrauen für eine gesundere Zukunft. Was genau ist damit gemeint?

Gemeint ist Vertrauen als Basis der Zusammenarbeit der verschiedenen Partner, der sogenannten Stakeholder, im komplexen System der globalen Gesundheit. In der Vergangenheit war Vertrauen hierarchisch geprägt: Wenn zum Beispiel das Bundesgesundheitsamt eine Impfung vorgegeben hat, dann wurde geimpft. Die Covid-Pandemie hat aber sehr deutlich gemacht, dass diese Zeit vorbei ist. Vertrauen muss heute gewonnen und kontinuierlich gerechtfertigt werden. Und es muss geschützt werden. Der World Health Summit bietet hierfür eine Plattform: Wir bringen die verschiedenen Stakeholder miteinander ins Gespräch. Wissenschaft und Politik müssen Vertrauen zueinander entwickeln und Wissenschaft und Privatwirtschaft ebenso. Nur das kann die Basis für ein Vertrauen der Gesellschaft in die Angebote der Gesundheitsversorgung sein.

Prof. Dr. Axel Radlach Pries
Prof. Dr. Axel Radlach Pries

Hat das Impfangebot nicht gehalten, was es versprochen hat?

Es war ein erstaunlich schnelles und effektives Angebot. Aber die Kommunikation, die Vermittlung war nicht optimal und hat Raum für einflussreiche Akteure gegeben, die die kritische Situation benutzt haben, um gezielt Vertrauen zu untergraben.

Fake News, die lanciert werden?

Genau. Wir alle – Wissenschaft, Politik, Privatindustrie – müssen Vertrauen rechtfertigen und wir dürfen auch nicht naiv agieren. Wir müssen intensiv und transparent kommunizieren, um vertrauenswürdig zu bleiben und Misstrauen den Boden zu entziehen.

Was wollen Sie dafür tun?

Berechtigtes Vertrauen schaffen wir auf dem World Health Summit, indem wir Stake­holder aus allen Bereichen und aus allen Regionen der Welt zusammenbringen und zeigen, dass Zusammenarbeit möglich ist und dass sich der Aufwand auch lohnt.

Inhaltlich bietet der World Health Summit mit mehr als 60 Sessions eine große Breite. Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?

Die Digitalisierung ist ein zentrales Thema, da es in vielen Bereichen ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Das reicht von der (tele-)medizinischen Versorgung in ländlichen Gebieten über eine Verbesserung der dia­gnostischen Sicherheit bis zur Entlastung von Personen im Gesundheitssystem von langweiligen bürokratischen Aufgaben.

Das bietet riesige Potenziale, aber auch große Herausforderungen für eine gerechte und menschliche Medizin der Zukunft. Ein weiteres Thema sind neue Ansätze für Frauen- und Kindergesundheit. Hier besteht ein erheblicher Nachholbedarf, weltweit, aber auch bei uns in Deutschland.

Inwiefern?

In Bezug auf Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gibt es in Deutschland ein ganz banales Beispiel für den großen Begriff „Health in all policies“: Wie sollen Kinder gesund aufwachsen, wenn es nicht mehr genug Lernschwimmbecken und körperliche Betätigungsmöglichkeiten gibt? Maximal vereinfacht, helfen in der Prävention zwei Faktoren: Sport und Gemüse. Solche Themen müssen wir angehen.

Aber hat das mit Medizin nichts zu tun?

Gesundheit ist mehr als Medizin, das hat schon der Arzt Rudolf Virchow im 19. Jahrhundert betont. Medizinische Innovationen sind die Grundlage, aber sie müssen in ein soziales Gefüge eingebettet sein, weil nur so die optimale Nettowirkung für die Gesundheit erreicht werden kann. Um auf das Beispiel zurückzukommen: Kindern helfen medizinische Ansätze gegen Diabetes und Adipositas nicht viel, wenn wir uns nicht um gute Ernährung und Bewegung kümmern.

Ein zentrales Thema, dessen sich der World Health Summit annimmt: die Finanzierung globaler Gesundheit. Bei Ihnen wird die erste Investitionsrunde der Weltgesundheitsorganisation WHO öffentlich präsentiert?

Die WHO ist die Organisation der Vereinten Nationen für die öffentliche Gesundheit, also eine multinationale, gemeinsame Gesundheitsagentur von fast 200 Staaten. Die Beiträge dieser Mitglieder ermöglichen ihre Arbeit. Aber wie Steuern sind sie unbeliebt, werden hinterfragt. Die Gelder sind zunehmend projektbezogen. Und das ist ein Problem: Je mehr Projektgelder, desto weniger strategisch, nachhaltig und unabhängig kann die WHO arbeiten.

Dabei ist die WHO doch eine unabhängige Organisation?

Die Mitgliedsstaaten geben ihr nicht nur Geld und Autorität, sondern auch eine gewisse Unabhängigkeit. Das Bekenntnis zu multilateralen Organisationen fällt Nationen aber zunehmend schwer, weil die Bürgerinnen und Bürger eines Landes oft nicht den direkten Nutzen sehen. Und da haben wir wieder das Thema Vertrauen: Kritik ist gut, Fake News sind es nicht.

Der WHS wird nun zum Pledging-Event?

Die WHO hat in diesem Jahr ihre erste Investitionsrunde zur nachhaltigen Finanzierung ihres Mandats „Gesundheit für alle“ initiiert. Das ist praktisch ein internationaler Spendenaufruf für ihre strategische Arbeit. Deutschland als einer der wichtigsten Unterstützer der WHO ist ein Co-Host dieser Finanzierungsrunde. Und die erste große Veranstaltung dazu findet beim World Health Summit statt.

Eine Art Crowd-Funding?

Crowd-Funding de luxe: Die Crowd besteht hier aus den Regierungen demokratischer Staaten und aus den Spitzen humanitärer Stiftungen.