ZEIT für X
Der V 07-Motopruefstand im Fuel Science Center der RWTH Aachen. Prof. Dr.-Ing. Stefan Pischinger (Mitte) mit Ingenieuren und Mitarbeitern im Motorenpruefraum V 07.

Eine der größten Heraus­forderungen unserer Zeit

17. Oktober 2024
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Ein Beitrag der RWTH Aachen

Der Exzellenzcluster „The Fuel Science Center” konzentriert sich auf die Umgestaltung der Mobilität für eine nachhaltige Zukunft

Die Mission des Exzellenz­clusters „The Fuel Science Center – Adaptive Umwandlungs­systeme für erneuerbare Energie- und Kohlen­stoff­quellen“ (FSC), das mehr als 150 Forscherinnen und Forscher aus verschiedenen Disziplinen umfasst, konzentriert sich auf die Umgestaltung der Mobilität für eine nachhaltige Zukunft – eine der größten Heraus­forderungen unserer Zeit.

Die Grundlagenforschung des FSC schafft die Basis für die integrierte Umwandlung von erneuer­barer Elektrizität mit bio­masse­basierten Rohstoffen und CO2 zu flüssigen Energie­trägern mit hoher Energie­dichte, den sogenannten „Bio-hybrid Fuels“, die eine hoch­effiziente und saubere Verbrennung ermöglichen. Im Exzellenz­cluster werden Erkenntnisse und wissenschaftliche Methoden erarbeitet, um die motorische Verbrennung fossiler Kraftstoffe durch adaptive Produktions- und Antriebs­systeme auf Basis regenerativer Energie- und alternativer Kohlen­stoff­quellen unter dynamischen Rand­bedingungen zu ersetzen.

Ein Meilenstein modellbasierter Kraft­stoff­entwicklung

Eines der Highlights, die im Rahmen des FSC entwickelt und etabliert wurden, ist der modell­basierte Fuel Design Process, der nach­haltige Kraft­stoffe auf fortschrittliche Motoren­konzepte zuschneidet und gleich­zeitig Umwelt­auswirkungen und Produktions­kosten minimiert. Ein auf diese Weise entwickeltes Keton-Ester-Alkohol-Alkan-Gemisch (KEAA) für hoch­effiziente Otto­motoren wurde interdisziplinär evaluiert – von den Produktions­kosten über die Motor­eigenschaften bis hin zur Ökotoxizität, mikrobiellen Lager­stabilität und seiner CO2-Bilanz. KEAA zeigte in einem Einzylinder-Forschungs­motor hohe Wirkungs­grade. Messungen der Zündverzugs­zeit bestätigten die hohe Klopf­festig­keit; es weist eine moderate Toxizität auf und ist nicht anfällig für mikrobiellen Befall. Eine Well-to-Wheel-Analyse zeigte das Potenzial, den CO2-Fußabdruck im Vergleich zum konventionellen Tankstellenkraftstoff ROZ95E10 um 95 Prozent zu senken. Die Ergebnisse motivieren zu weiteren Untersuchungen an KEAA und zeigen Fortschritte bei der modell­basierten Kraft­stoff­entwicklung.

Erfolg durch Vielfalt

Bei der Fortführung der 86 laufenden Projekte steht auch weiterhin das Engagement für Nach­haltig­keit, inter­disziplinäre Zusammen­arbeit und Chancen­gleichheit im Vordergrund. Der Erfolg des FSC begründet sich in seiner globalen Perspektive und Inter­disziplinarität, die geografische und disziplinäre Grenzen über­schreitet. Das Cluster ist ein Mosaik aus Fachwissen, das sich von Chemie und Biologie über Verfahrens­technik und Verbrennungs­technologie bis hin zu Systemanalyse und Sozial­wissenschaften erstreckt. Bereichert wird es durch zahlreiche welt­weite Kooperationen, Gast­wissenschaftlerinnen und Gast­wissenschaftler sowie inter­nationale Neueinstellungen. So kommen aktuell rund 12 Prozent der Doktorandinnen und Doktoranden aus verschiedenen Teilen der Welt.

Der Weg des Exzellenzclusters ist nicht nur durch wissenschaftliche Errungen­schaften gekennzeichnet, sondern auch durch ein breiteres Engagement für die Gestaltung der Zukunft. Daher wird auch das Thema Gleich­stellung aktiv gefördert, die Fortschritte sind bereits heute erkennbar: 35 Prozent Professorinnen und 35 Prozent Doktorandinnen. Im Jahr 2024 wird das Engagement für die Gleich­stellung noch verstärkt im Mittelpunkt stehen. Initiativen wie die Teilnahme am Girls‘ und Boys‘ Day oder die verstärkte Social Media-Präsenz zeigen das Engagement, junge Menschen, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft, zu ermutigen, die Möglichkeiten in den diversen Bereichen des Clusters zu erkunden.

FSC ist Teil des Profilbereichs Energy, Chemical & Process Engineering (ECPE). ECPE behandelt die zwei wichtigsten Faktoren, um das Ziel einer Grund­versorgung mit nach­haltiger Energie und Materialien zu erreichen: Verbesserungen der Energie- und Material­effizienz sowie den Wechsel zu erneuerbaren Ressourcen. Es besteht zweifel­los immer noch ein großes, zu erschließendes Potenzial zur Verbesserung von etablierten Technologien für die Umwandlung und den Gebrauch von Energie und Werkstoffen.

Für bahnbrechende Innovationen ist es jedoch unabdingbar, den klassischen Forschungs­rahmen der Energie- und Verfahrens­technik für die Integration neuer Einsichten aus den Molekular­wissenschaften zu öffnen. Basierend auf diesem gemeinsamen Ansatz muss die bestehende Trennung zwischen den Energie­wissenschaften und der Chemie über­wunden werden, da die energie- und material­effiziente Gesellschaft von morgen auf integrierten Verfahrens- und Recycling­konzepten beruhen wird. Deshalb muss der Profilbereich der Energie-, Chemie- und Verfahrens­ingenieur­wissenschaft multi-disziplinär und umfassend aufgestellt sein – von der Betriebs- und Unternehmens­ebene bis hin zur molekularen Ebene.


Interview:
Prof. Dr.-Ing. Stefan Pischinger
Geschäftsführer des Exzellenzclusters „The Fuel Science Center“

1. Wie wird eine neue Generation Kraftstoffe unsere Welt nachhaltig verändern?
Klimaneutrale Kraftstoffe auf Basis regenerativer und nachhaltiger Ressourcen stellen einen wichtigen Baustein zur Erreichung der Klimaziele dar. Außerdem haben sie, richtig ausgelegt, den großen Vorteil, dass sie auch in der Bestands­flotte angewendet und so schnell einen erheblichen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten können.

Prof. Dr.-Ing. Stefan Pischinger
© RWTH Aachen Prof. Dr.-Ing. Stefan Pischinger

2. Was sind das für Kraftstoffe und wie können sie hergestellt werden?
Wir forschen an einer Vielzahl unterschiedlicher Bio-Hybrid Kraftstoffe. Neben ganz neuen Kraft­stoff­molekülen, die in einem ganzheitlichen Optimierungs­prozess zusammen mit innovativen Brenn­verfahren das volle Wirkungs­grad- und Emissions­minderungs­potenzial ausreizen, erforschen wir auch Kraftstoffe, die sich in ihren Eigenschaften auf den ersten Blick kaum von den herkömmlichen unterscheiden, in der Anwendung dann aber helfen die Schad­stoff­emissionen der Bestands­flotte zu reduzieren. Die HyFiT-Fuels werden zum Beispiel aus einer Kombination etablierter Prozess­schritte, Fischer-Tropsch und Hydro­formylierung, gewonnen, können in aktuellen Diesel­motoren verwendet werden und helfen dort Rußemissionen zu reduzieren.

3. Was sind dabei aktuell die zentralen Herausforderungen?
Wir benötigen klare, technologieoffene Rahmen­bedingungen, die Planungs­sicherheit gewähr­leisten und keine Maßnahme zum Klima­schutz ausschließen. Letzteres gilt nicht nur für die industrielle Umsetzung sondern auch in der Forschung: Wir müssen weiter an allen Antrieben forschen, um anwendungsspezifische Lösungen zu identifizieren und weiterzuentwickeln.

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