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Universität Göttingen

Energieforschung in interdisziplinärer Zusammenarbeit

21. Januar 2025
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Ein Artikel der Fakultät für Chemie der Georg-August-Universität Göttingen

Wissen, das über die Grenzen des aktuell technisch Möglichen hinaus geht, und Grundlagen­forschung höchster Qualität stehen im Mittelpunkt der Arbeit des Göttinger Verbund-Zentrums ICASEC.

Forschung zum Thema Energie fußt auf internationaler und interdisziplinärer Zusammenarbeit. Nur im Zusammen­schluss verschiedener fachlicher Expertisen, Methoden und Denkan­sätze können hier grundlegende Fort­schritte gelingen. Das im Jahr 2015 gegründete International Center for Advanced Studies of Energy Conversion (ICASEC) ist ein Zusammen­schluss von Forschenden der feder­führenden Fakultät für Chemie, den Fakultäten für Biologie & Psychologie sowie für Physik der Georg-August-Universität Göttingen und unterhält enge personelle Kooperationen mit dem Max-Planck-Institut für Multi­disziplinäre Natur­wissenschaften. Es bietet auf dem Göttingen Campus ein Umfeld, das die inter­nationale sowie inter­disziplinäre Vernetzung der Forschung im Energie­bereich fördert. Dabei legt das Verbund-Zentrum seinen Fokus auf die Förderung der Grund­lagen­forschung.

Fragestellungen für langfristige Innovationen

Das ICASEC hat das Ziel, einen nach­haltigen und lang­fristigen Beitrag zu wissenschaftlichen Frage­stellungen im Zusammen­hang mit der Produktion, dem Verbrauch und der Speicherung von Energie in all ihren Formen zu leisten. Der Klimawandel und die damit verbundenen Probleme sind eng mit der Art und Weise verbunden, wie Energie erzeugt und verbraucht wird. Daher konzentrieren sich die Energie­forschung und Technologie­entwicklung heute häufig auf die Verbesserung der Energie­erzeugung und der Energie­effizienz, wobei der Schwerpunkt auf kurzfristigen Lösungen, Geräte­entwicklung und Erfindungen liegt. Dabei besteht aber die Gefahr, dass lang­fristige Innovationen, die auf Durch­brüchen im grundlegenden Verständnis beruhen und zu wirklich revolutionären neuen Energie­technologien führen können, vernachlässigt werden.

Privatdozent Dr. Oliver Bünermann und Prof. Dr. Alec Wodtke vor einem Experiment zur Untersuchung chemischer Reaktionen an Oberflächen
© Max Planck Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften Göttingen Privatdozent Dr. Oliver Bünermann und Prof. Dr. Alec Wodtke vor einem Experiment zur Untersuchung chemischer Reaktionen an Oberflächen

Zentrales Anliegen des ICASEC ist es daher, den Wert der Grundlagen­forschung aufzuzeigen und sie zu stärken. So haben ICASEC-Sprecher Prof. Dr. Alec Wodtke und ICASEC-Koordinator Privat­dozent Dr. Oliver Bünermann zum Beispiel mit ihrer Arbeit einen großen Schritt gemacht, um chemische Reaktionen an Ober­flächen im Detail zu verstehen. In einem aufwendigen Versuchs­aufbau konnten sie aufklären, warum Wasser­stoff­atome an Oberflächen binden. Die Haftung von Atomen macht chemische Reaktionen an Oberflächen überhaupt erst möglich. Die Erkenntnisse aus diesen Experimenten helfen, katalytische Prozesse weiter zu verbessern und neue Reaktionen an Oberflächen vorherzusagen.

Graphen ist ein wichtiges Material für Halbleiter. Oberflächenreaktionen daran werden am ICASEC untersucht.
© Universität Göttingen Graphen ist ein faszinierendes 2D-Material mit einer Vielzahl potenzieller Anwendungen. Forscher des ICASEC untersuchen unter anderem die Dynamik der Bindungsbildung zwischen Atomen und Graphen.

Ein weiterer Schwerpunkt der Forschung in ICASEC ist die Entwicklung verbesserter oder neuer Katalysatoren für nach­haltigere Synthese­methoden und die Umwandlung kleiner Moleküle zur Speicherung von elektrischer Energie in Bindungs­energie. Ein Bereich ist die molekulare Elektrochemie, die selektive chemische Redox-Umwandlungen erlaubt unter Nutzung von Strom als Energie. Viele Redox-Reaktionen in der Natur und in der Chemie laufen durch den Transfer von Elektronen und Protonen ab. Im ICASEC werden daher neue Metall- und Nicht­metall­verbindungen entwickelt, die protonen­gekoppelte Elektronen­transfer­reaktionen ermöglichen, wie sie bei der Aktivierung kleiner Moleküle, z. B. bei der CO2-Reduktion oder N2-Fixierung entscheidend sind, aber auch in der Elektro­synthese zur Herstellung komplexer organischer Verbindungen. Dabei werden elektro­analytische und eine Vielzahl spektroskopischer Methoden genutzt, um die Elementar­schritte von elektro­chemisch induzierten Redoxreaktionen zu ermitteln und hoch­reaktive Intermediate zu identifizieren, was die Entwicklung verbesserter oder neuer synthetischer Methoden und Katalysatoren ermöglicht. In der Natur vorkommende Enzyme können hier als Inspiration dienen.

Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses

Ein wesentliches Aufgabenfeld sieht das ICASEC auch in der Förderung des Interesses an Wissenschaft und der Unter­stützung von Studierenden unter anderem durch die Möglichkeit von Austausch-Besuchen bei inter­nationalen Partnern des ICASEC. Die vom ICASEC angebotenen Sommer­schulen, Workshops und internationalen Foren bieten einen fruchtbaren Boden für neue Ideen, internationale Zusammen­arbeit und das Entstehen von Verbund­projekten. Die Energie­forschung ist ein hochaktuelles und relevantes Thema und bietet daher eine ausgezeichnete Gelegenheit, bereits Schülerinnen und Schüler sowie junge Studierende zu motivieren, eine Karriere in diesem Wissenschafts­bereich anzustreben. Das ICASEC arbeitet eng mit dem Göttinger ‚XLAB – Experimentierlabor für junge Leute‘ zusammen, um jungen Menschen dieses spannende Forschungs­gebiet näher­zu­bringen.