ZEIT für X
Ein Regenklärbecken im Einsatz gegen Mikroplastik

Große Ideen gegen kleinste Teilchen

09. Oktober 2025

Im August 2025 wurde klar: Das geplante UN-Plastik­­abkommen ist vorerst gescheitert. Dabei sind globale Antworten auf Plastik­müll und Mikro­plastik dringend notwendig. Innovative Forschungs­projekte zeigen: Wenn nachhaltige Ansätze aus der Wissenschaft in die Praxis gelangen, ist ein Umdenken möglich.

von Elias Kappler

Nach wie vor steigt die globale Kunststoff­produktion. Ein großer Teil der Abfälle landet in der Umwelt. Als winzige Teilchen verbreitet sich Mikro­plastik weltweit und lässt sich heute in den Gletschern des Himalayas ebenso nach­weisen wie in der Tiefsee.

Effektiv bekämpfen lässt sich Mikro­plastik am besten, bevor es überhaupt in die Umwelt gelangt. Deshalb haben Jens Pfeiffer und Valentin Meiler – ausgehend von ihren Master­arbeiten an der Uni Bayreuth – eine Techno­logie entwickelt, die die kleinsten Plastik­teilchen direkt dort erkennt, wo sie auftreten: Mithilfe von Impedanz­spektro­skopie und Machine Learning analysiert das System von ZAITRUS Wasser und unterscheidet die dort detektierten Partikel nach Art, Größe und Gewicht. Die Technik kann etwa in Abwasser­anlagen, bei Konsum­güterher­stellern und Chemie­parks zum Einsatz kommen.

Der Weg von der Idee zur marktfähigen Lösung gelang dank EXIST-Stipendium, universitärer Gründungs­beratung und Förderung durch die Bundes­agentur für Sprung­innovationen SPRIND. Heute beschäftigt ZAITRUS rund 20 Mitarbeitende und liefert erste Pilotanlagen aus. „Erst wenn wir Mikroplastik zuverlässig messen können, schaffen wir die Grundlage für gezieltes Handeln“, sagt CEO und Mitgründer Till Zwede. Genau das wollen die Gründer erreichen: Im Rahmen ihrer SPRIND-Förderung kooperieren sie deshalb mit dem Leipziger Start-Up Microbubbles. Das Unternehmen nutzt feine, stabile Blasen, um kleinste Kunst­stoff­partikel aus dem Wasser abzuscheiden. Die perfekte Ergänzung: ZAITRUS detektiert Mikro­plastik, Micro­bubbles entfernt es. Die beiden Systeme greifen ineinander und zeigen, wie Kooperation und geteiltes Know-how Synergien für mehr Nach­haltigkeit schaffen.

Ein Forschungsteam der Uni Hannover geht einen anderen Weg: Sie haben ein Hydrogel entwickelt, das kleinste Plastik­partikel in Gewässern selbst­ständig aufnehmen und abbauen soll. Dafür nimmt das Gel am ­Gewässer­grund Mikro­plastik auf und treibt anschließend auf. „Das funktioniert ein bisschen wie bei einem Heiß­luft­ballon unter Wasser“, erklärt Dr. Dennis Kollofrath vom Institut für Anorganische Chemie. Unter Lichteinwirkung sorgt das Material an der Wasser­ober­fläche dafür, dass die enthaltenen Plastik­teilchen zersetzt werden. Bislang handelt es sich um einen Prototypen – doch die ersten Tests seien viel­versprechend, sagen die beteiligten Forschenden.

Plastikmüll und Mikroplastik sind nicht nur ein großes Umwelt­problem, sondern ein System­fehler, der sich nicht mit einem Ansatz allein lösen lässt. Der Weg aus der Krise entsteht aus innovativer Forschung, Kooperationen und der Umsetzung in die Praxis: Wenn aus Forschung Innovation wird, ist Nachhaltigkeit machbar.