Hautforschung – Wo Technik und Medizin sich berühren
AnzeigeFür Informationstechniker Prof. Dr. Thomas Felderhoff sind Lehre und Forschung untrennbar. Seine Leidenschaft gilt der Medizintechnik – und den Menschen, mit denen er Wissen teilt und Neues entdeckt.
In der Biomedizintechnik arbeiten Ingenieur*innen und Mediziner*innen Hand in Hand. Damit schafft Prof. Dr. Thomas Felderhoff praxisnahe Forschung und Lehre, die sowohl den Studierenden als auch den Patient*innen zugutekommen.
Was reizt Sie an Ihrem Job als Professor?
Neuland betreten. Neue Kombinationen ausprobieren, von Menschen, von Wissenschaftsbereichen, von Projektpartnern. Darüber hinaus, und das ist vielleicht das Wichtigste, sind es die Menschen, die einen begleiten. Nicht nur die Kolleg*innen, mit denen man arbeitet, Ideen verwirklicht, Neues entwickelt, und sich gegenseitig inspiriert. Sondern auch und gerade die Studierenden. Auch wenn das Studium mathematisch und methodisch anspruchsvolle Aspekte besitzt, die herausfordernd sein können, versuche ich immer, den Studierenden etwas Besonderes zu bieten, keine langweiligen Projektarbeiten, sondern Aufgaben, die in Richtung Berufseinstieg gehen. Ich kann positiv auf Karrierewege Einfluss nehmen und das ist sehr verantwortungsvoll, aber eben auch extrem schön. Ein Traumjob.
Ich kann positiv auf Karrierewege Einfluss nehmen und das ist sehr verantwortungsvoll, aber eben auch extrem schön. Ein Traumjob.
Prof. Dr. Thomas Felderhoff , Professor an der Fachhochschule Dortmund
Mit dem Forschungsprofilschwerpunkt „Medizintechnische Systeme für eine gesunde Gesellschaft“ widmen Sie sich Untersuchungsmethoden der menschlichen Haut. Wie kam es dazu?
So ein Forschungsschwerpunkt ergibt sich aus mehreren Faktoren. Da ist zunächst die Summe der wissenschaftlichen Profile der Menschen, die an einer Hochschule an einem gemeinsamen Lehrprofil arbeiten. Wenn man engagierte Kolleg*innen hat, mit denen es wissenschaftlich und menschlich passt, entstehen solche Visionen.
In diesem Fall kommen einige Kolleg*innen aus dem Bereich Elektrotechnik und besitzen eine große Expertise in Bezug auf elektromagnetische Wellen und Schaltungsentwicklung. So entstehen Geräte zur Abbildung von Gewebesituationen des menschlichen Körpers, wie der Magnetresonanztomograf des Kollegen Prof. Dr. Benjamin Menküc. Ich selbst arbeite mit Sensoren, die auf der Haut aufgebracht werden und Spannungsänderungen messen können. Wenn man das mit optischen Techniken wie zum Beispiel der Photoplethysmografie kombiniert, kann man regelrecht in die Blutgefäße hineinschauen. Um die praktische Relevanz solcher Ideen von vornherein zu sichern, arbeiten wir sehr gern mit externen Mediziner*innen zusammen. Das Thema Haut erwies sich als äußerst vielversprechend.
Wie funktioniert diese Zusammenarbeit konkret?
Biomedizintechnik ist kein klassischer Ingenieursstudiengang, wo wir an bekannten und vielfältig erforschten Herausforderungen arbeiten. Sondern wir befinden uns dort in einem inter- und transdiziplinären Bereich der Wissenschaft. Das heißt, wir hören uns an, was beispielsweise Mediziner*innen für Probleme haben und welche Lösungen sie sich wünschen und versuchen dann, diese zu verwirklichen. Gleichzeitig besitzen solche Lösungen eine Relevanz für Patient*innen, was den Anspruch an die Qualität einer gemeinsam entwickelten Lösung deutlich erhöht.
Konkret entwickeln wir ein Hautmodell, an dem wir Dinge simulieren können, die sich nicht einfach errechnen oder schlussfolgern lassen. Nehmen wir als Beispiel die Haut einer amputierten Person, die, in einen Prothesenschaft eingebettet, ziemlichen Drücken ausgesetzt ist. Wenn wir mit einem individuell angepassten Hautmodell vorhersagen können, welche Änderungen am Schaft sich wie auf die Haut auswirken, würden wir besser als heute verstehen, wie sich Veränderungen auf das Gewebe, die Durchblutung und die Nerven auswirken.
So ein Modell zu entwickeln, ist ausgesprochen komplex und erfordert Expert*innen aus vielen unterschiedlichen Bereichen. Mein Bereich, die Sensorik und Signalverarbeitung, bietet da beispielsweise viele Entwicklungsmöglichkeiten. Ich glaube, wir alle kennen diese Fingerclips, die die Sauerstoffsättigung des Blutes messen. Diese Technik erfordert bisher eine ruhige Körperhaltung und übt einen gleichmäßigen Druck auf die Fingerkuppe aus. Es hätte aber viele Vorteile, wenn diese Messungen auch in einer bewegten Situationen und unter wechselndem Druck durch Muskelanspannung funktionieren würde. Damit könnten Mediziner*innen unter anderem wertvolle Erkenntnisse in Bezug auf Hauterkrankungen gewinnen. Dazu müsste man diese zusätzlichen Effekte aus den Signalen herausrechnen können. Das ist einer von vielen Forschungsaspekten, in denen auch der Einsatz von KI vielversprechend ist. Natürlich nur als leistungsfähige Unterstützung. Für mich ist es entscheidend, dass weiterhin qualifiziert ausgebildete Menschen die Entscheidungen treffen.
Übrigens: Mit Benjamin Menküc haben wir einen promovierten Mediziner im Fachbereich, der über sein Diplom gute Kontakte zu Firmen aus dem Bereich Elektrotechnik besitzt. Ein Glücksgriff.
Wie sehen Sie die Beziehung zur Wirtschaft?
Ich kann mir nicht vorstellen, an der Hochschule tätig zu sein und nicht zu forschen. Aber wenn wir in solch einem Bereich tätig sind, dann brauchen wir den Bezug zu den Unternehmen außerhalb der Hochschule. Die sagen uns nicht nur, was sie brauchen, und geben uns damit unsere Forschungsaufgaben. Durch sie erfahren wir auch, welche Relevanz ein Thema hat, ob es ein Nischenthema ist oder deutschland- oder vielleicht weltweite Bedeutung besitzt. Das wiederum kommt den Studierenden bei der Wahl ihrer Abschlussthemen sehr zugute, um sich direkt einen Namen zu machen.
Wo sehen Sie die Vorteile Ihres Studiengangs für die Studierenden?
Abgesehen von unseren zukunftsträchtigen Inhalten ist die Zeit des Studiums grundsätzlich ist eine Zeit des Gestaltens. Das betrifft auch die eigene Persönlichkeit. Was liegt mir mehr, was möchte ich wirklich machen? Da ist es ideal, wenn die Professor*innen ein breites Angebot an Forschungsthemen haben, um den richtigen Weg zu finden. Meine Aufgabe als Professor ist es dann, diesen Weg bestmöglich zu begleiten und zu unterstützen. Dafür müssen wir selbst auch aktuell bleiben und dürfen uns nicht auf veralteten Erkenntnissen ausruhen. Wir müssen forschen und lehren, das eine ohne das andere kann ich mir nicht vorstellen.
Wie verbinden Sie Forschung und Lehre?
Forschung und Lehre gehören an einer Hochschule unabdingbar zusammen. Wenn Studierende für den Arbeitsmarkt von morgen ausgebildet werden sollen, dann müssen in den Studiengang praxisnahe Herausforderungen integriert werden, die typischerweise aus für die zukünftige Sicherung von Arbeitsplätzen geförderten Forschungsprojekten kommen. Ohne Forschung würden Lehrinhalte nicht an die aktuellen Bedarfe angepasst, würden somit mit der Zeit veralten. Aber eine ständige Anpassung an aktuelle Themen ist essenziell, um zukunftsorientierte Studiengänge anzubieten. Also bei mir fließen Forschungsergebnisse zuerst in Wahlpflichtmodule ein. Erprobte methodische Ansätze werden dann auch zu Lehrinhalten in Pflichtmodulen.
Was sind Ihre aktuellen Forschungsprojekte?
Der Antrag für unser Projekt HaMoSEP („Hautmodell in der Biomedizintechnik – Simulation, Experiment und Patientenindividualisierung“) liegt aktuell beim Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt. Daran arbeite ich mit fünf weiteren Professor*innen. Als Studiengangsleiter für Orthopädie und Rehabilitationstechnik betreue ich den Franchise-Studiengang mit der Bundesfachschule für Orthopädietechnik. Da geht es zum Beispiel darum, bei einer Beinprothese die Verbindung mit der Haut des Stumpfes möglichst schonend und trotzdem funktional zu gestalten.
Ein anderes Projekt ist MEDITHENA („Mobile Erfassung, Diagnose und interaktive Therapie von Nackenschmerzen im Alltag“), was ich vor einigen Jahren eingeworben habe. Da geht es um die Bewegung des Kopfes im Verhältnis zum Torso. Zum Beispiel bei Smartphone-Nutzung oder diese Geierhals-Position am PC. Solche verkrampften Haltungen können auch migräneauslösend sein. Das Projekt ist auch ein Beispiel dafür, wie gewinnbringend der Austausch mit der Medizin ist. In diesem Fall ist es eine Kooperation mit dem Julius-Wolff-Institut der Charité in Berlin. Daraus ist eine Promotion entstanden. Der Promovend von damals, Puian Tadayon, ist inzwischen Professor.
Sie interessieren sich für eine Professur als Karriereweg? Ausführliche Informationen dazu finden Sie auf der Website der FH Dortmund: fh-dortmund.de/professura