ZEIT für X

Mit KI ent-stressen?

17. Oktober 2024
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Ein Beitrag der Hochschule Coburg

Dem permanenten Druck einer komplexen Welt zu entfliehen ist schwer: Termine, Wohnungs- und Arbeits­suche, Erziehung, Erwartungen und Beschwerden sind nur eine Auswahl verschiedener Umstände, die Stress bei Menschen auslösen können. Von Kindes­beinen an bis ins hohe Alter ist der immer wieder­kehrende Druck ein Dauer­begleiter, mit denen Mensch umgehen muss.

Von Andreas T. Wolf

Die Art und Weise, mit Stress umzugehen, wird in der Forschung „Coping“ genannt. An der Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg widmet sich das seit Januar 2024 laufende Verbund­forschungs­projekt „AI4Coping“ eben dieser Stress­bewältigung im Alltag – und zwar unter Zuhilfe­nahme von Künstlicher Intelligenz (KI, im engl. AI).

„Durch den Einsatz von KI und modernster Technik können maßgeschneiderte Stress­bewältigungs­strategien entwickelt werden, die auf die spezifischen Bedürfnisse unter­schiedlicher Zielgruppen zugeschnitten sind“, sagt Prof. Dr. Karin Meißner, Sprecherin des Verbund­forschungs­projekts. Gerade bei der Sammlung und Auswertung von Daten können KI-Systeme schnell und umfang­reicher helfen. Durch kontinuierliches Feedback können trainierte KI-Modelle Anpassungen und Empfehlungen in Echtzeit abgeben, um eine individuell angepasste Stress­bewältigung zu ermöglichen.

Das interdisziplinäre Team des Projekts AI4Coping nimmt unter Verwendung modernster Technologien wie Virtueller Realität, Sprach­modellierung und maschinellem Lernen verschiedene Aspekte der Stress­bewältigung unter die Lupe. So beschäftigt sich eines der Teil­projekte mit der Bewältigung von Stress durch Prüfungs­angst von Studierenden – ein Zweites nimmt virtuelle Realitäten in den Fokus, um Menschen mit Bewegungs­einschränkungen einen entspannenden Wald­spazier­gang zu ermöglichen. Dabei wird auch erforscht, welchen Einfluss Gerüche auf die virtuelle Erfahrung haben.

Wer unter erhöhter Ansteckungsangst leidet, soll ein virtuelles Hygiene­training absolvieren können. Dabei wird der Nutzen der virtuellen Unterstützung durch Messung der Stress­reaktion und Selbst­regulations­kompetenz bewertet und laufend verbessert. Im vierten Teilprojekt werden schließlich die individuelle und gesellschaftliche Akzeptanz der verantwortungs­vollen Nutzung von KI in der Gesundheits­förderung erforscht und ethische Aspekte diskutiert.

Ziel des Verbundprojekts ist schließlich, die Forschungs­ergebnisse in einer Toolbox an effizienten Stress­bewältigungs­ansätzen anzubieten, die zur Gesundheit und Resilienz der Menschen beitragen, erklärt Prof. Meißner: „Diese Toolbox soll individuell anpassbar sein und lässt sich auf weitere Nutzer:innen­gruppen und Situationen über­tragen, was eine breite Anwendbarkeit und langfristige Nutzung der Forschungs­ergebnisse ermöglicht.“ Die Zusammen­arbeit mit regionalen Praxis- und Wissenschafts­kooperationen wird während der drei­jährigen Projekt­dauer vertieft und ausgebaut, um den Weg für nachhaltige Innovationen sowie Firmen­gründungen in Oberfranken zu ebnen.

Insgesamt zehn Studien in vier Teilprojekten mit Promovierenden sollen über einen Zeitraum von drei Jahren entstehen und spannende Einblicke in den Bereich Stress­bewältigung geben. Die Forscher­gruppe besteht aus neun Professor:innen der Hochschule Coburg mit Expertise in den Bereichen Informatik, Gesundheits­förderung und Prävention, Neuro­wissenschaften, Bioanalytik, Betriebs­wirtschafts­lehre und Sozialer Arbeit. Das Projekt wird mit knapp 715.000 Euro aus dem bayerischen Förder­programm für angewandte Forschung und Entwicklung gefördert und soll sich lang­fristig an der Hochschule Coburg etablieren.

Die interdisziplinäre Zusammen­arbeit kommt nicht von ungefähr: Um den Forschungs­schwer­punkt Gesundheit und das Forschungs­feld KI und Informations­technologie dreht sich an der Hochschule Coburg auch das neu etablierte Promotions­zentrum „Analytics4Health“. Dort werden Forschungs­aktivitäten rund um Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen im Kontext ihrer Umwelt in den Bereichen Bioanalytik, Gesundheits- und Daten­wissen­schaften untersucht und Promotionen direkt an der Hochschule ermöglicht. AI4Coping ist eines der ersten Forschungs­projekte, in denen an der Hochschule selbständig promoviert werden kann.


Drei Fragen an…

Prof. Dr. Martin Synold, Vizepräsident für Forschung und wissen­schaftlichen Nachwuchs an der Hochschule Coburg. Er ist zuständig für das eigenständige Promotions­zentrum „Analytics4Health“ der Hochschule sowie das Promotions­zentrum „Nach­haltige und intelligente Systeme“ im Verbund mit den THs Würzburg-Schweinfurt und Aschaffenburg.

Was sind die Forschungsschwerpunkte des Promotions­zentrum Analytics4Health?
Technologieunterstützte Gesundheitsförderung ist eines der Kernziele von „Analytics4Health“. Nicht nur in ländlich geprägten Regionen zeigen sich zunehmend Heraus­forderungen, die mit dem Wunsch nach selbst­bestimmten Leben bis ins hohe Alter, beruflichen Rahmen­bedingungen in einer alternden Gesellschaft, Fachkräfte­mangel sowie Ressourcen­knappheit in Einklang gebracht werden müssen. Hier bedarf es innovativer Maßnahmen, um Leistungs­fähigkeit und Wirkungs­kreis sowie Gesundheit und Wohlbefinden nach­haltig zu fördern. „Analytics4Health“ liefert durch die fachliche Fokussierung und mit disziplin­über­greifender Zusammen­arbeit von 18 Professorinnen und Professoren aus den Bereichen Bio­analytik, Gesundheits- und Daten­wissenschaften sowie Sozialer Arbeit hierzu einen wesentlichen Beitrag. Das ist in dieser Form einmalig in Deutschland!

Martin Synold
© HS Coburg

Welche Bedeutung hat das Promotionsrecht für eine Hochschule für angewandte Wissenschaften?
Über ein Promotionsrecht verfügten in Bayern bisher nur die Universitäten. Deshalb unterstreicht die Verleihung eines fachlich begrenzten Promotions­rechts an eine Hochschule deren heraus­ragende wissenschaftliche Kompetenz und Forschungs­stärke. Exzellenten Nachwuchs­wissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern kann damit eine sehr gute Zukunfts­perspektive in einer fördernden Umgebung gegeben werden. Das Promotions­recht schärft das Profil einer Hochschule und fördert darüber hinaus deren Reputation im inter­nationalen Maßstab.

Welchen konkreten Nutzen hat die Gesellschaft davon, dass an der Hochschule promoviert werden kann?
Hochschulen für angewandte Wissenschaften pflegen auch in der Forschung einen partnerschaftlichen Kontakt zu den Stake­holdern in Gesellschaft und Wirtschaft. Die untersuchten wissenschaftlichen Themen besitzen damit in der Regel eine hohe Praxis­relevanz, sodass deren Lösungen wieder direkt in die Gesellschaft zurück transferiert werden können; es entsteht eine Art Win-Win-Situation. Vielfach entstehen aus Promotionen dann Patente oder erfolgreiche Promovenden gründen Start-Ups.

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