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Wissenschaftlerinnen im Labor

Profilbereich MedST: Transformative Materialien für eine neue Ära in der Medizin

17. Oktober 2024
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Ein interdisziplinäres Team aus RWTH-Forscherinnen und -Forschern will in einem Exzellenz­cluster innovative, transformative Materialien entwickeln und in die klinische Umsetzung überführen, um drängende Probleme der Medizin zu lösen.

Das Ziel des Exzellenzclusters „Transformative Medical Materials: Design, Production, Translation“ (TransMedMat) besteht darin, eine neue Ära der Medizin einzuleiten, die durch die Entwicklung und die Anwendung neuartiger transformativer biomedizinischer Materialien ermöglicht wird. Diese Materialien sind in der Lage, sich an biologische Schnitt­stellen anzupassen und mit ihnen im menschlichen Körper zu interagieren und dadurch letzt­endlich Krankheiten zu heilen und Organe zu regenerieren. Die Deutsche Forschungs­gemeinschaft (DFG) und der Wissenschafts­rat (WR) haben Professor Fabian Kiessling und Professorin Laura De Laporte, als Sprecher von TransMedMat, auf­gefordert, einen entsprechenden Voll­antrag auf Förderung im Rahmen der Exzellenz­strategie auszu­arbeiten. „Wir freuen uns sehr, dass wir den nächsten Schritt gemeinsam gehen können. Dies ist ein großer Erfolg für unser gesamtes Team aus exzellenten Ingenieurinnen und Ingenieuren, Natur- und Material­wissen­schaftlerinnen und -wissenschaftlern sowie Medizinerinnen und Medizinern und gibt uns die Chance, unsere Kompetenzen zu bündeln und uns auf wichtige gesellschaftliche Herausforderungen der Zukunft zu fokussieren“, erklären De Laporte und Kiessling.

Die RWTH Aachen steht seit Jahren für Pionierarbeit im Bereich medizinischer Materialien. An der Aachener Universität entwickelte technische Lösungen haben zu neuen Therapie­standards zum Beispiel im Bereich sensorischer, kardio­vaskulärer und pulmonaler Unter­stützungs­systeme beigetragen. Typischer­weise waren diese Lösungen rein technischer Natur, was viele medizinische Anwendungen ausschloss und große therapeutische Bedürfnisse offenlies. Daher werden bei uns und weltweit neuartige (biohybride) Materialien erprobt, die sich besser in den Körper integrieren und mit diesem interagieren können. Allerdings wird sich bei deren derzeitiger akademischer Erforschung oftmals nur auf das innovative Material- und Technologie­design fokussiert und klinische Anforderungen werden nur unzureichend berücksichtigt. Infolge­dessen werden viele publizierte Konzepte und Materialien nie in der Lage sein, Organ­funktionen zu rekonstruieren oder wieder­her­zu­stellen. Auch werden weitere, für die Translation wichtige Aspekte, wie Produzierbar­keit, robuste Reproduzierbar­keit, Lagerstabilität, Sterilisierbarkeit, regulatorische Anforderungen und Anwender- und Empfänger­akzeptanz oftmals nur randständig betrachtet.

Hier setzt TransMedMat an: „Unser Ziel ist es, transformative Materialien zu entwickeln, patienten­gerecht zu produzieren und in die Klinik zu über­führen. Die neuartigen transformativen Biomaterialien sollen dynamisch mit ihrer Umgebung interagieren, was durch die Integration lebender Komponenten in synthetische Materialien oder durch die gezielte Programmierung und Aktivierung der synthetischen Materialien erreicht werden kann“, erklärt die Chemie­ingenieurin Laura De Laporte. Dadurch können die Materialien sich an spezifische Gewebe­bedingungen, Architekturen und Funktionen anpassen und die Differenzierung interagierender Zellen steuern und aufrechterhalten. Zudem können sie sich an patienten­spezifische Anforderungen anpassen und sich durch interne oder externe Reize wie Magnet­felder, Ultraschall, pH-Wert, Temperatur und Licht verändern. TransMedMat spezialisiert sich dabei insbesondere auf folgende Schwerpunkte: (i) Künstliche humane Gewebe­modelle, werden reproduzierbar und zuverlässig die Physiologie menschlichen Gewebes nachbilden. Diese Modelle ermöglichen eine verbesserte und sicherere Erprobung neuer Therapien für z.B. Nieren-, Herz-, Leber-, Nerven-, Knochenmarks-, oder Tumorer­krankungen. Gleich­zeitig können durch die Modelle Tier­versuche teilweise vermieden werden. (ii) Biontronics ist ein inter­disziplinäres Forschungs­feld, bei dem neurale Systeme (Gehirn, periphere Nerven, Sinnesorgane) mit biontronischen Geräten, welche die Fähigkeit zur elektronischen und ionischen Interaktion besitzen, kombiniert werden. Diese sollen eingesetzt werden um Erkrankungen wie Epilepsie, Sehstörungen sowie chronische Schmerzen zu behandeln. (iii) Regenerative Implantate werden für neuartige Gefäßtransplantate, mitwachsende biohybride Herzklappen für Kinder und gegen Quer­schnitts­lähmung, entwickelt. Die Materialien können Zellen stimulieren und steuern, um organähnliche Strukturen zu schaffen, die wie gesundes Gewebe funktionieren und sich nahtlos in das umgebende Gewebe integrieren. (iv) Wirk­stoff­träger­systeme werden entwickelt, die dafür sorgen, dass Medikamente zeitlich und räumlich kontrolliert ihr Ziel erreichen. Dadurch können lokal Gewebe umgestaltet werden, indem z.B. Krebs­zellen abgetötet, Immun­funktionen gehemmt oder die Gewebe­regeneration aktiviert werden. Das TransMedMat-Team hat diese Konzepte für den Exzellenz­cluster bereits in einer Sonder­ausgabe der Zeitschrift „Advanced Healthcare Materials“ öffentlich zugänglich publiziert.

„Letztendlich werden diese transformativen Biomaterialien auf eine einzigartige Weise die größten ungedeckten klinischen Bedürfnisse unserer Zeit adressieren.“, erläutert der Arzt und Wissenschaftler Fabian Kiessling. „Das integrierte Forschungs- und Ausbildungs­konzept von TransMedMat erfordert neue konvergente Strategien vom Design über die Produktion bis hin zur Regulatorik, um eine erfolgreiche klinische Übersetzung zu erreichen.“

TransMedMat vereinigt ein hochmotiviertes interdisziplinäres und internationales Team, das den klinischen Bedarf erkennt. Projektpartner des Antrages sind das DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Materialien, das Fraunhofer Institut für Produktions­technologie (IPT, Mevis) und das Forschungs­zentrum Jülich (FZJ). Zudem plant das Konsortium einen engen Schulter­schluss mit zwei führenden internationalen Partnern und die Einrichtung von Satelliten­laboratorien am TokyoTech in Japan und am Technion in Israel. Unter bilateraler Führung werden diese es ermöglichen, lang­fristige Forschungs­projekte mit translationaler Strahlkraft in der Klinik und Wirtschaft zu initiieren.

Der Forschungsansatz ist beispielhaft für die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Profilbereich Medical Science & Technology, kurz MedST. Der Profilbereich repräsentiert die Verbindung der medizinischen Forschung mit den ingenieur­wissenschaftlichen und natur­wissenschaftlichen Disziplinen der RWTH Aachen und fokussiert sich auf fünf fach­über­greifende Forschungs­schwerpunkte, die auch in TransMedMat aufgegriffen werden: (i) Imaging & Comprehensive Diagnostics, (ii) Nanobiomedicine, (iii) Biohybrid Medical Systems, (iv) Smart Medical Devices, (v) Digital Life Science. Im Vordergrund steht dabei die Translation der Forschung in die Klinik. MedST an der RWTH bedeutet „Erforschung und Entwicklung neuer Technologien und Verfahren für Anwendungen in der Medizin“. Die bereits bestehenden Kompetenzen und infra­strukturellen Ausstattungen entlang der Wertschöpfungs­kette von der Grundlagen­forschung bis hin zur angewandten Forschung haben maßgeblich zur Entstehung von TransMedMat beigetragen. Zusammen verfolgen MedST and TransMedMat aktiv die Generierung wegweisender Erkenntnisse an der Schnittstelle zwischen Medizin, Natur- und Ingenieur­wissenschaften bis hin zur Erstanwendung neuer diagnostischer und therapeutischer Verfahren an Patientinnen und Patienten mit dem Ziel, die Positionierung der RWTH Aachen University als eine deutschlandweit führende und international anerkannte Forschungs­stelle für das Thema Medizin und Technik weiter zu stärken.

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