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Wissenschaftlerinnen bei der Arbeit

Wie Forschende der Hochschule Trier Implantate smarter machen

24. Juli 2025
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Ein Artikel der Hochschule Trier

Was haben Origami, Elektronik und Körper­gefühl gemeinsam? An der Hochschule Trier eine ganze Menge. Professor Klaus Peter Koch und sein Team arbeiten dort an intelligenten Materialien und Techniken.

Wenn Implantate lernen, sich selbst zu verändern

Implantate gelten in der Medizin­technik längst als Hightech-Produkte. Doch die Forschung geht inzwischen weit über die reine Material­optimierung hinaus. Im Projekt AKTive Steuerung von Implantat­oberflächen (AKTIO) entwickelt Koch im Fach­bereich Technik der Hochschule Trier mit weiteren Hoch­schul­partnern in einem inter­disziplinären Team eine neue Generation von Implantaten: adaptiv, intelligent, vernetzt und zunehmend bioinspiriert. Die Finanzierung durch die Carl-Zeiss-Stiftung ermöglicht es, diese ambitionierten Ideen in die Praxis zu bringen.

Ein zentrales Beispiel: das Projekt AKTIO. Gemeinsam mit der Hochschule Kaisers­lautern unter­sucht das Team, wie sich die Ober­flächen­eigenschaften von Implantaten aktiv an den Verlauf der Wundheilung anpassen lassen. Klingt nach Science-Fiction, basiert aber auf einem eleganten Prinzip: Die Implantat­ober­fläche wird mit sogenannten schaltbaren Makro­molekülen beschichtet, deren Verhalten durch elektrische Felder gesteuert werden kann. Die molekulare Struktur dieser Peptide beeinflusst direkt die Zellantwort, so kann die Immunreaktion während der Wundheilung reduziert werden und nach der Wundheilung die Moleküle zum Abbauen geschaltet werden.

So wird ein passives Bauteil zu einem aktiven Akteur im Heilungs­prozess und möglicher­weise zum Vorbild für eine neue Klasse von medizin­technischen Anwendungen, bei denen Biologie und Technik enger denn je zusammen­arbeiten.

Origami trifft Biotechnologie

Ein weiterer Innovationsschub kommt aus einem Gebiet, das in der Medizin eher ungewöhnlich klingt: der Faltkunst. Im Projekt Komplexe drei­dimensionale biomimetische Sensor- und Organoid-Netzwerke zur Erhebung funktioneller Daten der Darm­barriere (OriDami) geht es um die Entwicklung drei­dimensionaler, biomimetischer Sensor- und Organoid-Netzwerke, die gezielt Daten über die Darm­barriere­funktion erfassen können.

Warum der Darm? Weil er als eines der komplexesten Grenz­organe des menschlichen Körpers gilt und verantwortlich ist für Immunabwehr, Nähr­stoff­aufnahme und Stoff­wechsel­regulation. Im Zentrum des Projekts stehen intelligente Mikro­systeme, die mit 3D Zellkulturen, so genannten Organoiden interagieren. Diese Darm Organoide verhalten sich wie ein kleiner kugel­förmiger Darm. Durch das Einbetten in ein Mikrokörbchen mit integrierten Elektroden kann sowohl die Aktivität des Minidarms als auch die Struktur der Darmwand untersucht werden. Die Kombination aus Mikro­system­technik, nanostrukturierten Substraten und biologischen Zellen ermöglicht ein organähnliches Sensorsystem.

Die Forschung im Projekt OriDami ist dabei sowohl zur Erforschung von Grund­lagen­fragen geeignet als auch zur Untersuchung patienten­spezifischer Organoide, die sich aus Proben nach Darm­spiegelungen züchten lassen.

Wissenschaftlerinnen bei der Arbeit
© Sonja Thul

Embodiment neu gedacht: Prothesen mit Körper­gefühl

Noch näher an der direkten Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine bewegt sich das Projekt Embodiment durch KI-gestützte Propriozeption in Prothesen (EmKIPro2). Hier dreht sich alles um ein Thema, das für viele Nutzerinnen und Nutzer von Prothesen von zentraler Bedeutung ist: das Gefühl für den eigenen Körper zurück­zu­gewinnen, in der Fachsprache „Propriozeption“.

Prothesen sollen nicht nur Bewegungen ermöglichen, sondern auch Rück­meldungen über diese Bewegungen geben. Dafür braucht es eine Symbiose aus Sensorik, Künstlicher Intelligenz und neuronaler Schnitt­stelle. Das Team rund um Klaus Peter Koch entwickelt in Kooperation mit der Hochschule Kaisers­lautern im Rahmen von EmKIPro2 Sensorarrays, die Dynamik und Kräfte­verteilung an Fuß­prothesen hoch­auf­lösend erfassen und durch KI-basierte Algorithmen in Echtzeit in Nervensignale des Patienten umwandeln. Diese Daten werden über Neuro­interfaces an das Nervensystem des Trägers über­mittelt. Das Ziel: ein Prothesen-Erlebnis, das dem natür­lichen Körpergefühl so nahe wie möglich kommt.

Damit ist EmKIPro2 weit mehr als ein technisches Upgrade. Es adressiert Fragen von Körper­identität, Selbst­wahr­nehmung und sozialer Teilhabe und rückt den Menschen wieder in den Mittel­punkt technischer Innovation.

Technik, die spürt – und inspiriert

Ob schaltbare Oberflächenmoleküle, Miniorgane oder KI-Prothesen mit Feedback: Die Projekte von Professor Klaus Peter Koch zeigen, dass moderne Technik mehr sein kann als ein präzises Werkzeug. Sie kann sich dem Menschen annähern und dies in ihrer Form, Funktion und somit auch näher am Menschen.

Die Carl-Zeiss-Stiftung spielt bei dieser Entwicklung eine entscheidende Rolle. Ihre Förderung ermöglicht nicht nur lang­fristige Planungs­sicherheit, sondern schafft Freiraum für ungewöhnliche Ideen und das ist genau das, was Pionier­projekte wie AKTIO, OriDami und EmKIPro2 brauchen.

Vielleicht liegt gerade darin die wahre Innovation: Nicht nur Implantate intelligenter zu machen, sondern auch das System, das sie möglich macht.

Wissenschaftlerinnen bei der Arbeit
© Sonja Thul

Tandemprofessur als Brücke zwischen Industrie und Hochschule

Was die Projekte an der Hochschule Trier zusätzlich besonders macht: Sie sind eng mit Praxis und Lehre verzahnt. Ein Beispiel dafür ist die Tandem­professur von Friederike Nolle am Fach­bereich Technik. Ihre Rolle geht über klassische Lehre hinaus – sie agiert als Bindeglied zwischen akademischer Forschung, industrieller Anwendung und studentischer Ausbildung. Die Tandem-Professur ist ein Teil des Projekts House of Professors mit dem neue und innovative Qualifizierungs­wege hin zur HAW-Professur eingeführt werden. Im Fall der Tandem-Professur bedeutet dies, dass Menschen aus dem akademischen Umfeld mit heraus­ragender Promotion die Möglichkeit bekommen, die zur Erreichung der vollen Berufungs­fähigkeit benötigte, praktische Berufs­erfahrung zu erlangen, und gleich­zeitig bereits als Professorin oder Professor tätig zu sein. Möglich wird dies durch eine hälftige Anstellung an der Hochschule und einer hälftigen Anstellung bei einem Unternehmens­partner.

Studierende profitieren von diesen Forschungs­projekten und Karriere­modellen doppelt: Sie arbeiten an echten Forschungs­fragen mit, sammeln Erfahrungen in inter­disziplinären Teams und knüpfen Kontakte zu Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft. So wird Zukunfts­technologie nicht nur gedacht, sondern auch gelebt.

Forschung an der Hochschule Trier steht für praxis­nahe Innovation und gesellschaftliche Relevanz. Die Förderung durch Partner wie die Carl-Zeiss-Stiftung ermöglicht es uns, zukunfts­weisende Technologien inter­disziplinär zu entwickeln und den Wissens­transfer in Wirtschaft und Gesellschaft aktiv mit­zu­gestalten.

Prof. Dr. Henrik te Heesen, Vize­präsident für Forschung der Hochschule Trier

Henrik te Heesen, Vizepräsident für Forschung der Hochschule Trier
© Tobias Serf

Entwicklung von Innovationen in Deutschland und der Welt …

… machen die Hochschule Trier so erfolgreich: In ihren drei Forschungs­schwerpunkten bündelt sie wissenschaftliche Expertise zu angewandtem Stoff­­strom­­management, intelligenten Technologien für nachhaltige Entwicklung und Life Sciences.

Durch ihr zukunftsfähiges Forschungs­­profil, das sich an den dringenden Bedarfen unserer Zeit orientiert, ist die Hochschule Trier mit ihren Forschenden in zahlreichen innovativen Projekten in Deutschland und der Welt aktiv.

Vielfalt ist dabei Trumpf: Interdisziplinäre Zusammen­arbeit zwischen Forschenden aller Karriere­­stufen aus den Bereichen Gestaltung und Informatik, Recht, dem Ingenieurs­wesen und Wirtschafts­­wissenschaften sind Alltag in der Forschung und künstlerischen Entwicklung.

In den ca. 16 Millionen Euro Drittmitteln pro Jahr, die die Hochschule Trier zur dritt­­mittel­­stärksten HAW in Rheinland-Pfalz machen, spiegelt sich die Freude, aus Ideen nach­haltige Innovationen für die Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft wachsen zu lassen.

Kontakt

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Hochschule Trier | Trier University of Applied Sciences
Lisa Lill-Kochems, Transferreferentin
+(49) 6782 17-1591
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