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Auf die Ladefläche eines Transportfahrzeugs ist ein technisches Gerät montiert.

Zukunftsbaustoff Holz – Forschung für klima­freundliches Bauen

09. Oktober 2025
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Ein Beitrag der FH Erfurt

Die deutsche Forstwirtschaft steht angesichts klimatischer Veränderungen vor tief greifenden Heraus­forderungen.

Nadelholzdominierte Reinbestände verlieren zunehmend ihre Anpassungs­fähigkeit, reagieren empfindlicher auf biotische Schadfaktoren und geraten unter den Druck häufiger auftretender Extrem­ereignisse wie Trocken­heit oder Stürme. Daher gewinnt die Etablierung arten­reicher, strukturierter Misch­bestände mit einem höheren Anteil klima­toleranter Laub­baum­arten wie Buche und Stiel­eiche an Bedeutung. Dieser waldbauliche Wandel eröffnet zugleich neue Perspektiven: Laubholz könnte künftig in weit größerem Umfang als nach­haltiger Rohstoff für den Bau genutzt werden.

Die stille Revolution – Bauen mit Laubholz

Mit dem klimabedingten Waldumbau rücken Laubhölzer zunehmend ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Ihre hohe Rohdichte, Trag­fähigkeit und regionale Verfügbarkeit machen sie zu einem bislang wenig ausgeschöpften Potenzial­träger für die Bau­industrie. Allerdings verhindern technologische und normative Hemmnisse aktuell eine breite Markt­einführung im mehr­geschossigen Bauwesen.

Genau hier setzt das Forschungs­projekt InnoWood an. Unter der Leitung von Prof. Erik Findeisen entwickelt das Team an der Fach­hoch­schule Erfurt markt­fähige Lösungen für die Verwendung von Laubholz im urbanen Hoch- und Mehr­geschoss­bau. Im Zentrum stehen innovative Holz­produkte und Bau­systeme, die sowohl die material­technischen Eigenschaften des Rohstoffs berücksichtigen als auch mit geltenden Bauordnungen und inter­nationalen Normen kompatibel sind. Ergänzt wird dieser technische Ansatz durch die Integration nach­haltiger Finanzierungs­modelle („Green Finance“), die Investitionen in klima­freundliche Bauweisen erleichtern sollen.

Darüber hinaus beinhaltet InnoWood Lebens­zyklus­analysen und öko­bilanzielle Bewertungen. So wird die hohe Kohlen­stoff­speicher­leistung von Laubholz wissenschaftlich quantifiziert und als Argument für eine breite Markt­einführung sichtbar gemacht. Das Ziel: die strukturellen, ökologischen und ökonomischen Potenziale von Laubholz in konkrete Bau­anwendungen zu über­führen und durch klare rechtliche Rahmen­bedingungen wie auch wirtschaftliche Anreize die Markt­durch­dringung zu beschleunigen.

Klimawandel und die Holz-Wertschöpfung

Das Verbundprojekt C-Flüsse („Auswirkungen des Klimawandels auf die Roh­stoff­versorgung und Kohlen­stoff­flüsse der Wert­schöpfungs­kette Holz“) ergänzt InnoWood durch eine systemische Perspektive. Unter der Leitung von Prof. Dr. Sven Steinbach untersucht das Projekt, wie Klimawandel und Waldumbau die Verfügbarkeit von Bauholz beeinflussen und welche Folgen dies für die CO2-Bilanzen der Holzwirtschaft hat.

Im Fokus stehen Veränderungen in der Baum­arten­verteilung, internationale Import- und Export­ströme sowie die Entwicklung von Märkten für Holz­produkte. Mit Modellrechnungen werden Szenarien zur lang­fristigen Roh­stoff­versorgung und Kohlen­stoff­speicherung erstellt. Damit lässt sich abschätzen, wie ökologische und ökonomische Rahmen­bedingungen unter veränderten Umwelt­bedingungen künftig ineinander­greifen. Auf dieser Basis können Strategien entwickelt werden, die eine nach­haltige und resiliente Holznutzung sicherstellen.

Zusammen tragen beide Projekte dazu bei, den gesamten Bauprozess – von der Waldbewirtschaftung über die Material­gewinnung bis hin zum Bau und Rückbau von Gebäuden – klimafreundlich zu gestalten.

Laubholz wird als nachhaltiger Rohstoff eine immer stärkere Bedeutung im zukünftigen Bauwesen haben.

Prof. Erik Findeisen, Fakultät Landschaftsarchitektur, Gartenbau und Forst, FH Erfurt

Regionale Stärke, ungenutztes Potenzial

Thüringen zählt zu den waldreichsten Bundesländern Deutschlands und verfügt damit über erhebliche Potenziale, heimisches Holz in regionalen Wertschöpfungs­ketten zu hochwertigen Bauprodukten zu verarbeiten. Bislang bleibt dieses Potenzial ungenutzt.

Ein Beispiel für die Erschließung neuer Möglichkeiten ist die Kooperation der FH Erfurt mit dem Forschungs­verbund Holz-21-regio. Hier wurde eine innovative Verfahrens­technik entwickelt, die eine kosten­effiziente Herstellung von Massiv­holz­elementen für den Bausektor ermöglicht. Flankierend entstand eine regionale Roadmap, die bestehende Handwerks­betriebe in ihrer Vernetzung stärkt und durch gezielte Erweiterungen den Schritt zur industriellen Serien­fertigung von Holz­bau­elementen vorbereitet. Erste erfolgreiche Umsetzungs­schritte erfolgten bereits im Juni 2025, weitere sollen in den kommenden Jahren folgen.

Hightech für Waldwege

Doch nicht nur im Bau, auch in der Infrastruktur sind Innovationen gefragt. Für eine verlässliche Rohstoff­versorgung sind intakte forst­wirtschaftliche Erschließungs­wege unerlässlich. Im Projekt Contura entwickelte die FH Erfurt, erneut unter der Leitung von Prof. Erik Findeisen, gemeinsam mit der TU Ilme-nau und KMU aus Thüringen ein optisch-basiertes Monitoring­system, das den Zustand dieser Wege automatisiert erfasst. Schäden werden kategorisiert und daraus Handlungs­empfehlungen für eine effiziente Instandhaltung abgeleitet. Die Überführung in eine serien­taugliche Anwendung erfolgt durch lokale Betriebe. Zudem bildet die entwickelte Methodik eine Grundlage für weiterführende Forschung. Vom bewährten Forschungs­verbund wurde bei der „Fach­agentur Nachwachsende Rohstoffe“ ein F&E-Projekt für ein System zur Biodiversitätsanalyse an Waldinnen­rändern beantragt.

Die FH Erfurt als Treiberin nachhaltiger Transformation

Die vorgestellten Projekte verdeutlichen das Selbstverständnis der Fachhochschule Erfurt als Impuls­geberin gesellschaftlicher Transformation. Über die Rolle einer klassischen Bildungs­institution hinaus bündelt sie inter­disziplinäre Expertise aus Architektur, Bau­ingenieur­wesen, Informatik, Wirtschafts- und Sozial­wissenschaften. Ziel ist es, praxis­nahe und wissenschaftlich fundierte Lösungen, unter anderem für die Heraus­forderungen nachhaltigen Bauens, zu entwickeln.

Mehr als 180 Verbundprojekte mit Partnern aus Industrie, Verwaltung und Zivilgesellschaft sorgen dafür, dass wissenschaftliche Innovationen rasch in die Anwendung gelangen. Forschungs­ergebnisse fließen in die akademische Lehre, bereichern die öffentliche Debatte über klima­neutrale Bauweisen und schaffen Schnitt­stellen zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik.

Gesteuert wird dieser Transfer durch das Kompetenz­zentrum Holz, Ressourcen­management und Nach­haltigkeit – einen fakultäts­über­greifenden Zusammenschluss, der den Forschungs­schwer­punkt bündelt und weiter ausbaut.

Ein Bild eines Gebäudes der Fachhochschule Erfurt

Fachhochschule Erfurt

Seit ihrer Gründung 1991 verfolgt die Fachhochschule Erfurt das Ziel, wissenschaftliche Expertise gezielt in den Dienst gesellschaftlicher Transformation zu stellen. Im Zentrum ihres Leitbildes steht das Engagement für eine zukunfts­fähige Entwicklung der Gesellschaft – getragen von den sechs Kern­kompetenzen, die durch ihre Fakultäten repräsentiert werden. Neben der hervor­ragenden, praxis­nahen Ausbildung von Studierenden steht eine heraus­ragende, gesellschafts­relevante Forschung in drei Schwerpunkten im Fokus: „Nachhaltiges Planen und Bauen, Land­nutzungs- und Ressourcen­management und gesellschaftliche Transformation“, „Aufwachsen, Zusammen­leben, sozialer Wandel und gesellschaftliche Innovationen“ sowie „Nach­haltige Mobilität, Logistik und Infra­struktur“. Darüber hinaus verfügt sie über zwei eigens dafür eingerichtete Kompetenz­zentren, in denen ihre wissenschaftliche Expertise in den Bereichen „Holz, Ressourcen­management und Nach­haltigkeit“ und „Building Information Modelling“ gebündelt wird.

Kontakt

Fachhochschule Erfurt
Service Forschung und Transfer
Dr. Franziska Weise
Altonaer Straße 25
99085 Erfurt

E-Mail: franziska.weise@fh-erfurt.de
fh-erfurt.de

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