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Biodiversität als Wirtschaftsfaktor: Was ist uns die Natur wert?

21. November 2024
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Videos von Studio ZX in Kooperation mit der KfW

Weltweit verschwinden jährlich viele Millionen Hektar Wald- und Ackerfläche. Diese Verluste haben fatale Auswirkungen – auf die Umwelt wie die globale Wirtschaft. Warum Untätigkeit keine Option mehr ist, diskutierten am 21. November 2024 namhafte Gäste aus Politik und Wirtschaft bei ZEIT für Klima.

Urbanisierung, Landnutzung, Handel und die Art und Weise, wie wir produzieren und konsumieren, tragen erheblich zum Verlust natürlicher Ressourcen bei. Seit 1970 hat sich die weltweite Ressourcenentnahme verdreifacht. Der Rückgang der biologischen Vielfalt gefährdet die Gesundheit der Menschen, ein stabiles Klima, aber auch Arbeitsplätze. Wie wichtig Biodiversität für die Weltwirtschaft ist, verdeutlichte Christiane Laibach, Mitglied des Vorstands der KfW Bankengruppe: „Es wird geschätzt, dass das globale Bruttosozialprodukt bis zu 50 Prozent von der Natur abhängt.“ Damit bezog sich Lainbach auf die Berichte der Initiative „New Nature Economy“ des jährlich stattfindenden Weltwirtschaftsforums in Davos. Ziel der Initiative ist es, das Thema Naturschutz stärker in wirtschaftliche und geschäftliche Entscheidungen einfließen zu lassen.

Doch statt aktiv zu werden, schienen viele europäische Unternehmen den Weckruf noch nicht gehört zu haben, so Laibach. „Nur 16 Prozent aller Unternehmen in Deutschland haben eine Biodiversitätsstrategie oder -agenda“, konkretisierte sie. Als Förderbank ginge die KfW mit gutem Beispiel voran. Zum einen, indem sie den Erhalt von biologischer Vielfalt direkt unterstütze. Aktuell beteilige sich die Bankengruppe bei 360 Naturschutzprojekten in 47 Ländern mit einem Gesamtvolumen von mehr als 4 Milliarden Euro. „Wir unterstützen aber auch die Finanzierung von Unternehmen, die sich der Herausforderung stellen, ihre Geschäftsmodelle biodiversitätsfreundlich zu gestalten“, sagte Laibach.

Effizienz, Innovation, Risikomanagement: Viele Wege zur Klimaneutralität

Wie kann beispielsweise klimaneutrales Fliegen in Zukunft gelingen? Annette Mann, CEO der Austrian Airlines AG, zeigte Strategien zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 auf. Die Modernisierung der Flugzeugflotte, die Effizienzsteigerung im Flugbetrieb oder auch der Einsatz innovativer Technologien seien nur einige der Ansätze, die ihr Unternehmen verfolge. „Ein weiterer ist unsere Pionierarbeit im Bereich Sustainable Aviation Fuels. Das Schöne ist: Sie können fast jedes beliebige Flugzeug nehmen und nachhaltige Kraftstoffe dazu mischen“, sagte Mann.

Wie unterschiedlich die Herausforderungen sind, naturverträgliche Lösungen zu finden, verdeutlichte Dr. Petra Wicklandt, Chief Sustainability Officer des Pharmaunternehmens Merck: „Der schwierige Teil ist natürlich die Lieferkette. Wir können nicht zu jedem unserer 60.000 Zulieferern gehen und dort ein Audit machen.“ Merck verfolge daher einen risikobasierten Ansatz, um die Lieferanten in Hochrisikoländern zu identifizieren. Externe Daten würden dabei helfen, Länder mit häufigen Menschenrechts- und Umweltverletzungen zu erkennen.

Erhalt der Ökosysteme hängt von langfristiger Finanzierung ab

Gentechnik und Biodiversität – passt das zusammen? Inwiefern Gentechnik zur Erhaltung der Biodiversität beitragen kann, diskutierten Dr. Felix Büchting, Vorstandssprecher des Saatgutunternehmens KWS SAAT SE & Co. KGaA, und ZEIT-Moderator Jean Uwe Heuser. „Die erste Generation an gentechnisch veränderten Produkten war gut für die Produktivität, aber schlecht für die Biodiversität“, sagte Büchting. Mit der Genschere habe man nun die Möglichkeit, genetische Diversität sicherzustellen. „Wir können Produkte auf den Markt bringen, die an den Klimawandel angepasst sind“, sagte Büchtig.

Um Ökosystemleistungen aufrecht zu erhalten, braucht es aber auch langfristige Finanzierungsstrategien. Hier setzt der Legacy Landscapes Fund (LLF) an. Die gemeinnützige Stiftung wurde 2020 von der Bundesregierung und der KfW mit einem Startkapital von 40 Millionen Euro gegründet und ist mittlerweile auf fast 400 Millionen Euro angewachsen. „Der Fonds schließt eine wichtige Lücke, indem er über einen Zeitraum von mindestens 15 bis 50 Jahren jährlich eine Million Euro in Schutzgebiete investiert“, sagte Stefanie Lang, Direktorin des LLF. Globale Verantwortung und nachhaltige Finanzierung müssten Hand in Hand gehen, um Ökosysteme vor dem Kollaps zu bewahren.