
Columbus Verlag: Die Weltenbauer
ZEIT RedaktionUnternehmer-Fragebogen
Redaktioneller Beitrag aus: „ZEIT für Unternehmer Ausgabe 3/2024. Geschäftspartner der ZEIT Verlagsgruppe haben auf die journalistischen Inhalte der ZEIT Redaktion keinerlei Einfluss.“.
Nach der Führung durch die Werkstätten des Columbus Verlags nehmen Torsten Oestergaard, seine Tochter Marcia und sein Sohn Niklas im Konferenzraum ihrer Firma Platz. Die Fragen beantwortet der Vater, der das Unternehmen in vierter Generation leitet, seine Kinder ergänzen ihn gelegentlich.
Was macht Ihr Unternehmen?
Torsten Oestergaard: Wir sind der älteste Globushersteller der Welt. Wir erschaffen jeden Tag aufs Neue die Welt für Kinder- oder Wohnzimmer.
Was ist dabei die größte Herausforderung?
Es gibt kaum noch Einzelhandel mit Schaufenstern, und wir müssen aktiv nach Vertriebswegen suchen. Wir verkaufen vor allem über Buchhandlungen, Möbelgeschäfte und unseren Onlineshop.
Ihr Unternehmen produziert seit über 100 Jahren Globen. Was hat sich in der Zeit verändert und was nicht?
Die Erde ist immer noch rund. Dennoch haben wir Tradition und Innovation vereint. Über die Kartenoberfläche können Kunden nun digitale Video- und Audioinhalte abrufen. Die Detailtreue ist durch die Digitalisierung deutlich höher als früher. Die Handkaschierung ist präziser geworden, trotzdem ist es ein Handwerk geblieben.
Seit 2017 gehören 51 Prozent der Anteile dem Stuttgarter Kosmos Verlag und 49 Prozent Ihrer Familie. Wie kam es dazu?
Der Kosmos-Kinderglobus wurde schon länger von Columbus hergestellt. 2016 ist ein Spediteur aus Taiwan pleitegegangen und hat Spielfiguren von Kosmos nicht geliefert, wir haben sie dann hergestellt. Daraus entstand eine regelmäßige Zusammenarbeit.
Was hat das verändert?
Wir sind jetzt auch Spielwarenhersteller. Die Maschinen sind dadurch besser ausgelastet, Columbus ist noch profitabler.
Hatten Sie keine Sorge, die Mehrheit an Ihrem Unternehmen abzugeben?
Wir wollten erst halbe-halbe machen, aber das hat Kosmos zu Recht nicht gerne gesehen. Denn wenn ich plötzlich keine Spielfiguren mehr produzieren würde, hätten sie dann keine Möglichkeit, mich dazu zu bringen. Daher habe ich vorgeschlagen, dass Kosmos 51 Prozent übernimmt. Wir würden es jederzeit wieder tun. Die Familie Oestergaard steuert ja nach wie vor das Schiff.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit für Ihr Unternehmen?
Die Solaranlage deckt fast unseren gesamten Strombedarf, und wir haben Mühlen für die Kunststoffreste, um sie weiterzunutzen. Vor allem sind unsere Produkte sehr langlebig: An einem Globus für 2.000 Euro haben auch Ihre Kinder und Enkel noch Freude.
Woran wäre Ihre Firma fast gescheitert?
Am Zerfall der Sowjetunion: Es gab alle paar Monate neue Grenzen! Zuletzt war der Ukrainekrieg herausfordernd, weil aus Russland keine Globen mehr bestellt werden.
Marcia Oestergaard: Wir produzieren die Welt in der Regel aus westlicher Sicht. Es kommt aber auch vor, dass aus Vietnam ein Container mit Globen bestellt wird, dann benennen wir das Südchinesische Meer auch mal in das Vietnamesische Meer um.
Wie aktuell sind Ihre Globen?
Niklas Oestergaard: Unsere digitale Kartografie aktualisieren wir ständig. Und wir produzieren unsere Globen in kleinen Auflagen von 500 bis 2.000 Stück. Sobald diese verkauft sind, wird der aktuelle Kartenstand für die nächste Auflage gedruckt – etwa jährlich.
Welche Rolle spielt KI bei Columbus?
Torsten Oestergaard: Noch keine ausschlaggebende. Aber irgendwann wird KI vielleicht ganz neue virtuelle Welten kreieren.
Was begrenzt Ihr Wachstum am meisten?
Unsere eigene Haltung. Wenn wir skalieren würden, würden wir vielleicht mehr Umsatz machen, aber ich würde meine Mitarbeiter nicht mehr kennen und bräuchte womöglich fremde Geschäftsführer. Wir wollen Familienunternehmer bleiben und in Deutschland produzieren.
Vervollständigen Sie diesen Satz: Der Columbus Verlag wäre nichts ohne …
… unsere Familie.
Was erfüllt Sie mit größter Genugtuung?
Dass meine Kinder mit Begeisterung im Unternehmen arbeiten.
Wo machen Sie Kompromisse?
Nirgends. Schon gar nicht an unseren Globen. Selbst wenn ich mir über die Jahre mal mein Gehalt gekürzt habe, fühlte sich das nie wie ein Kompromiss an.
Welchen Unternehmer würden Sie gerne mal zum Business-Lunch treffen?
Elon Musk. Er glaubte an sein Unternehmen, obwohl die damaligen Marktführer ihn belächelt haben. Wir fahren auch drei Teslas.
Die Fragen stellte Navina Reus