Wegbereiter für Weltveränderer
AnzeigeEinen international viel beachteten Beitrag zur Energiewende zu leisten – davon träumen wohl die meisten Start-ups im Deep-Tech-Bereich: INERATEC, einer Ausgründung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und deutscher Pionier auf dem Power-to-Liquid-Markt, bei der es um die Umwandlung von Strom und CO₂ in klimaneutrale flüssige Kraftstoffe geht, ist das gelungen: Als die vier Gründer des Unternehmens, das eine innovative chemische Reaktortechnologie entwickelt hat, mit dem Next Economy Award des Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2022 geehrt wurden, befand die Jury: Die Entwicklung von E-Kerosin für die Luftfahrt und synthetischem Wachs für den Chemiesektor sei für die Defossilisierung der Branchen, die zu den größten CO₂-Emittenten gehören, unverzichtbar.
Ein Beitrag aus dem Themenschwerpunkt „Über den Transfer in die Gesellschaft“.
„Bei unserer Gründung 2016 galten wir als Vorreiter“, erinnert sich Mitgründer Tim Böltken an die Anfänge des Unternehmens, das heute circa 100 Mitarbeitende beschäftigt und damals als Ausgründung am KIT startete. „Inzwischen spricht die ganze Welt über E-Kraftstoffe. Sie sind im Koalitionsvertrag verankert und gelten als wichtiger Baustein, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.“
Große Resonanz fand das Start-up Ende 2021, als es bei seiner Finanzierungsrunde 20 Millionen Euro Fremdkapital eingesammelt hat. Hinzu kommt das Alleinstellungsmerkmal, bereits über 13 Anlagen installiert zu haben. „Dass wir das einzige Unternehmen sind, das eine derart hohe Stückzahl umsetzen konnte, gibt uns einen gewissen Vorsprung im Wettbewerb“, meint der 37-jährige promovierte Chemieingenieur.
Doch bei allem Stolz, globaler Technologieführer zu sein: Den Durchbruch verdankt INERATEC nicht zuletzt der Grundlagenforschung am KIT. Das KIT, die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft, genießt als Exzellenzuniversität einen herausragenden Ruf in der Informatik, den Ingenieur- und Naturwissenschaften und zählt in den Bereichen Energie, Mobilität und Informationswissenschaften zu den größten forschenden Einrichtungen Europas. 15 Jahre intensiver Entwicklung am KIT gingen der Entdeckung voraus, dass sich aus grünem Wasserstoff, der aus erneuerbarem Strom produziert wird, und CO₂, das beispielsweise aus der Luft entnommen wird, synthetische Produkte und Kraftstoffe mit Fokus auf nachhaltigem Kerosin produzieren lassen. Auf diese Basis konnte INERATEC ab 2016 als Ausgründung des KIT aufsetzen. Auf dem Markt bestehe eine riesige Nachfrage, zum Beispiel im Langstreckenbereich des Flug-, Schiffs- und Schwerlastverkehrs, wo batterieelektrische Lösungen keine Option seien, so Böltken. „Unsere Technologie eröffnet die Möglichkeit, auch in diesen Sektoren CO₂-neutral zu wirtschaften.“
Zu den größten Innovationen von INERATEC zählt eine ebenso effektive wie modulare Technologie im Containermaßstab. Entwickelt wurde sie mithilfe des „Energy Lab 2.0“, einer Hightech-Infrastruktur, die das KIT mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft entwickelt und errichtet hat und die das Start-up nutzen konnte. „Dass wir gemeinsam mit dem KIT den ,Proof of Concept‘ zunächst in größerem Maßstab erbringen konnten, schuf die Voraussetzung, um in einer sehr kurzen Zeit von knapp vier Jahren aus dem Labor in die industrielle Anwendung zu kommen“, resümiert Böltken. Das Ergebnis: eine Art Blaupause für weitere industrielle Projekte, „die man nur noch kopieren musste“, sagt der Wissenschaftler lapidar und spielt auf die ersten Megawatt-Anlagen des Start-ups an, von denen eine kürzlich in einer Hamburger Raffinerie und die zweite 2021 im niedersächsischen Werlte eingeweiht wurde – von der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Für Furore sorgt bereits heute die geplante größte Power-to-Liquid Anlage der Welt, die INERATEC 2023 im Industriepark Höchst in Betrieb nehmen wird.
Mit systematischer Unterstützung von Pionierinnen und Pionieren hilft das KIT der Transformation auf die Sprünge
An der Erfolgsgeschichte mitgeschrieben hat aber auch die KIT-Gründerschmiede, international vernetzter Impulsgeber im „Silicon Valley des Südwestens“, der Ausgründungen und Investoren zusammenbringt. Sie ist eines der zehn größten deutschen Zentren ihrer Art und versteht sich als Nährboden und Beschleunigerin für innovative Geschäftsideen rund um Digitalisierung, KI, Biotechnologie, Mobilität und Energie. 115 Gründungen habe man in den vergangenen drei Jahren begleiten können, erläutert Thomas Neumann, Leiter der KIT-Gründerschmiede. Auch hier komme es auf die Qualität, nicht die Quantität an. „Unser Job ist es, einzuschätzen, wer ein erfolgreicher Gründer sein könnte – und wer nicht. Dabei geben wir den Teams, die sich bewerben, ehrliches Feedback, denn nicht alle werden es schaffen.“ Umso mehr sei man „extrem stolz“, zu einem Welterfolg wie dem von INERATEC beitragen zu können, sagt Neumann und ergänzt: „Dieses Vorzeigeunternehmen illustriert die Forschungs- und Innovationsstärke des KIT, das sich durch modernste Forschungsinfrastruktur für erneuerbare Energien und Sektorenkopplung in Europa auszeichnet.“ Die wichtigste Aufgabe der KIT-Gründerschmiede bestehe letztlich darin, Begleiterin und Wegbereiterin zu sein, resümiert Neumann: „Nicht wir, sondern INERATEC sind diejenigen, die gerade die Welt verändern!“
Und wie blickt Tim Böltken auf sein Studium am KIT zurück? Er rechnet seiner Uni hoch an, dass diese viel Wert auf das Thema erneuerbare Energien legt. „Als Absolvent weiß man um den Klimawandel und dass wir unser Leben und unser Wirtschaften umgehend ändern müssen – und will Teil dieser Mission werden.“ Und welche ungelösten Fragen treibt sein Team derzeit um? Die Frage nach einem geeigneten Schutz ihrer Technologie vor Wasser und Extremtemperaturen, sagt Böltken und nennt beispielhaft deren künftigen Einsatz im Offshore-Bereich und in Wüstenregionen. „Wir setzen auf das ,open innovation character‘-Prinzip: Je komplexer die Herausforderung, desto wichtiger ist eine fortgesetzte Kooperation mit externen Partnern wie dem KIT, auf dessen Expertise wir uns verlassen können.“
Interview mit Holger Hanselka – Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und Vizepräsident der Helmholtz-Gemeinschaft für den Forschungsbereich Energie
In welchen Bereichen ist die TU, die Sie als Präsident leiten, besonders forschungsstark, wenn es um große Herausforderungen wie zum Beispiel Digitalisierung, Klimawandel und Energiewende geht?
Am KIT stehen Energie, Mobilität, Information und Klima im Fokus. Im Energy Lab 2.0, der modernsten Forschungsinfrastruktur für erneuerbare Energien in Europa, testen wir Modelle für die Energieversorgung der Zukunft. Für die Mobilitätswende forschen wir im Exzellenzcluster POLiS an leistungsfähigen Batterien. Dabei verknüpfen wir Digitalisierung und IT-Sicherheit eng mit dem Thema Nachhaltigkeit.
Wie setzt sich die TU, die Sie als Präsident leiten, von der europäischen beziehungsweise internationalen Konkurrenz ab, und auf welchem Gebiet punktet sie besonders?
Einer unserer USP ist, dass wir die einzige deutsche Exzellenzuniversität mit nationaler Großforschung sind. So gehört es am KIT zum Spirit, dass nicht nur alle Forschenden lehren, sondern auch alle Lernenden an Forschungsprojekten arbeiten. Wer am KIT studiert hat, ist auf dem Arbeitsmarkt extrem gefragt. Gründungen fördern wir intensiv, belohnt durch Auszeichnungen mit dem Deutschen Gründerpreis.
Inwiefern erfordern große Transformationen, wie wir sie gegenwärtig erleben, auch einen Wandel der Art und Weise, wie an TUs gelehrt und geforscht wird?
Die Energie- und Mobilitätswende schaffen wir nur disziplinenübergreifend und im Dialog mit der Gesellschaft. Daher testen wir wissenschaftliche Neuerungen in Reallaboren und haben neue Formate wie die KIT Science Week und Orte für den Austausch in Campusnähe geschaffen.
Kontakt
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Monika Landgraf
Leiterin Gesamtkommunikation
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