ZEIT für X
Pioniertat im Containermaßstab: Mit seiner viel beachteten chemischen Reaktortechnologie stellt INERATEC einen Reaktor für die E-Fuel-Synthese bereit. Entwickelt wurde er mithilfe des „Energy Lab 2.0“, einer Hightech-Infrastruktur des KIT.

Wegbereiter für Weltveränderer

10. Juni 2022
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Ein Beitrag des KIT.

Einen international viel beachteten Beitrag zur Energie­wende zu leisten – davon träumen wohl die meisten Start-ups im Deep-Tech-Bereich: INERATEC, einer Ausgründung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und deutscher Pionier auf dem Power-to-Liquid-Markt, bei der es um die Umwand­lung von Strom und CO₂ in klima­neutrale flüssige Kraft­stoffe geht, ist das gelungen: Als die vier Gründer des Unternehmens, das eine innovative chemische Reaktor­techno­logie entwickelt hat, mit dem Next Economy Award des Deutschen Nach­haltig­keits­preises 2022 geehrt wurden, befand die Jury: Die Ent­wicklung von E-Kerosin für die Luft­fahrt und synthe­tischem Wachs für den Chemie­sektor sei für die Defossi­lisierung der Branchen, die zu den größten CO₂-Emittenten gehören, unverzichtbar.

Ein Beitrag aus dem Themenschwerpunkt „Über den Transfer in die Gesellschaft“.

„Bei unserer Gründung 2016 galten wir als Vorreiter“, erinnert sich Mitgründer Tim Böltken an die Anfänge des Unternehmens, das heute circa 100 Mitarbei­tende beschäftigt und damals als Ausgründung am KIT startete. „Inzwischen spricht die ganze Welt über E-Kraft­stoffe. Sie sind im Koalitions­vertrag verankert und gelten als wichtiger Baustein, um das Ziel der Klima­neutralität bis 2050 zu erreichen.“

Große Resonanz fand das Start-up Ende 2021, als es bei seiner Finanzierungs­runde 20 Millionen Euro Fremdkapital eingesammelt hat. Hinzu kommt das Allein­stellungs­merkmal, bereits über 13 Anlagen installiert zu haben. „Dass wir das einzige Unternehmen sind, das eine derart hohe Stückzahl umsetzen konnte, gibt uns einen gewissen Vorsprung im Wettbewerb“, meint der 37-jährige promovierte Chemieingenieur.

Doch bei allem Stolz, globaler Technologie­führer zu sein: Den Durchbruch verdankt INERATEC nicht zuletzt der Grundlagen­forschung am KIT. Das KIT, die Forschungs­universität in der Helmholtz-Gemeinschaft, genießt als Exzellenz­universität einen herausragenden Ruf in der Informatik, den Ingenieur- und Natur­wissen­schaften und zählt in den Bereichen Energie, Mobilität und Informations­wissen­schaften zu den größten forschenden Einrichtungen Europas. 15 Jahre intensiver Entwicklung am KIT gingen der Entdeckung voraus, dass sich aus grünem Wasserstoff, der aus erneuerbarem Strom produziert wird, und CO₂, das beispielsweise aus der Luft entnommen wird, synthetische Produkte und Kraftstoffe mit Fokus auf nach­haltigem Kerosin produzieren lassen. Auf diese Basis konnte INERATEC ab 2016 als Ausgründung des KIT aufsetzen. Auf dem Markt bestehe eine riesige Nachfrage, zum Beispiel im Lang­strecken­bereich des Flug-, Schiffs- und Schwer­lastverkehrs, wo batterie­elektrische Lösungen keine Option seien, so Böltken. „Unsere Technologie eröffnet die Möglichkeit, auch in diesen Sektoren CO₂-neutral zu wirtschaften.“

Zu den größten Innovationen von INERATEC zählt eine ebenso effektive wie modulare Technologie im Container­maßstab. Entwickelt wurde sie mithilfe des „Energy Lab 2.0“, einer Hightech-Infra­struktur, die das KIT mit Partnern aus Wissenschaft und Wirt­schaft entwickelt und errichtet hat und die das Start-up nutzen konnte. „Dass wir gemeinsam mit dem KIT den ,Proof of Concept‘ zunächst in größerem Maßstab erbringen konnten, schuf die Voraussetzung, um in einer sehr kurzen Zeit von knapp vier Jahren aus dem Labor in die industrielle Anwendung zu kommen“, resümiert Böltken. Das Ergebnis: eine Art Blaupause für weitere industrielle Projekte, „die man nur noch kopieren musste“, sagt der Wissen­schaftler lapidar und spielt auf die ersten Megawatt-Anlagen des Start-ups an, von denen eine kürzlich in einer Hamburger Raffinerie und die zweite 2021 im nieder­sächsischen Werlte eingeweiht wurde – von der damaligen Bundes­kanzlerin Angela Merkel. Für Furore sorgt bereits heute die geplante größte Power-to-Liquid Anlage der Welt, die INERATEC 2023 im Industrie­park Höchst in Betrieb nehmen wird.

Mit systematischer Unterstützung von Pionierinnen und Pionieren hilft das KIT der Transformation auf die Sprünge

An der Erfolgsgeschichte mitgeschrieben hat aber auch die KIT-Gründer­schmiede, international vernetzter Impulsgeber im „Silicon Valley des Südwestens“, der Ausgründungen und Investoren zusammenbringt. Sie ist eines der zehn größten deutschen Zentren ihrer Art und versteht sich als Nährboden und Beschleunigerin für innovative Geschäftsideen rund um Digi­talisierung, KI, Biotechno­logie, Mobilität und Energie. 115 Gründungen habe man in den vergangenen drei Jahren begleiten können, erläutert Thomas Neumann, Leiter der KIT-Gründer­schmiede. Auch hier komme es auf die Qualität, nicht die Quantität an. „Unser Job ist es, einzuschätzen, wer ein erfolgreicher Gründer sein könnte – und wer nicht. Dabei geben wir den Teams, die sich bewerben, ehrliches Feedback, denn nicht alle werden es schaffen.“ Umso mehr sei man „extrem stolz“, zu einem Welt­erfolg wie dem von INERATEC beitragen zu können, sagt Neumann und ergänzt: „Dieses Vorzeige­unternehmen illustriert die Forschungs- und Innovations­stärke des KIT, das sich durch modernste Forschungs­infra­struktur für erneuerbare Energien und Sektoren­kopplung in Europa auszeichnet.“ Die wichtigste Aufgabe der KIT-Gründer­schmiede bestehe letztlich darin, Begleiterin und Wegbereiterin zu sein, resümiert Neumann: „Nicht wir, sondern INERATEC sind diejenigen, die gerade die Welt verändern!“

Und wie blickt Tim Böltken auf sein Studium am KIT zurück? Er rechnet seiner Uni hoch an, dass diese viel Wert auf das Thema erneuerbare Energien legt. „Als Absolvent weiß man um den Klimawandel und dass wir unser Leben und unser Wirt­schaften umgehend ändern müssen – und will Teil dieser Mission werden.“ Und welche ungelösten Fragen treibt sein Team derzeit um? Die Frage nach einem geeigneten Schutz ihrer Techno­logie vor Wasser und Extrem­temperaturen, sagt Böltken und nennt beispielhaft deren künftigen Einsatz im Offshore-Bereich und in Wüstenregionen. „Wir setzen auf das ,open innovation character‘-Prinzip: Je komplexer die Heraus­forderung, desto wichtiger ist eine fortgesetzte Kooperation mit externen Partnern wie dem KIT, auf dessen Expertise wir uns verlassen können.“

Holger Hanselka - Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und Vizepräsident der Helmholtz-Gemeinschaft für den Forschungsbereich Energie.
© www.kit.edu /​ Markus Breig Holger Hanselka - Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und Vizepräsident der Helmholtz-Gemeinschaft für den Forschungsbereich Energie.

Interview mit Holger Hanselka – Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und Vizepräsident der Helmholtz-Gemeinschaft für den Forschungs­bereich Energie

In welchen Bereichen ist die TU, die Sie als Präsident leiten, besonders forschungs­stark, wenn es um große Heraus­forderungen wie zum Beispiel Digita­lisierung, Klimawandel und Energiewende geht?

Am KIT stehen Energie, Mobilität, Information und Klima im Fokus. Im Energy Lab 2.0, der modernsten Forschungs­infra­struktur für erneuerbare Energien in Europa, testen wir Modelle für die Energie­versorgung der Zukunft. Für die Mobili­täts­wende forschen wir im Exzellenzcluster POLiS an leistungs­fähigen Batterien. Dabei verknüpfen wir Digita­lisierung und IT-Sicherheit eng mit dem Thema Nachhaltigkeit.

Wie setzt sich die TU, die Sie als Präsident leiten, von der europäischen beziehungsweise internationalen Konkurrenz ab, und auf welchem Gebiet punktet sie besonders?

Einer unserer USP ist, dass wir die einzige deutsche Exzellenz­universität mit nationaler Groß­forschung sind. So gehört es am KIT zum Spirit, dass nicht nur alle Forschenden lehren, sondern auch alle Lernenden an Forschungs­projekten arbeiten. Wer am KIT studiert hat, ist auf dem Arbeits­markt extrem gefragt. Gründungen fördern wir intensiv, belohnt durch Auszeich­nungen mit dem Deutschen Gründerpreis.

Inwiefern erfordern große Trans­formationen, wie wir sie gegenwärtig erleben, auch einen Wandel der Art und Weise, wie an TUs gelehrt und geforscht wird?

Die Energie- und Mobilitäts­wende schaffen wir nur disziplinen­übergreifend und im Dialog mit der Gesellschaft. Daher testen wir wissen­schaftliche Neuerungen in Real­laboren und haben neue Formate wie die KIT Science Week und Orte für den Austausch in Campusnähe geschaffen.

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