ZEIT für X
Rote Ampel vor dem Abendhimmel: Kritik an der Gaspreisbremse

Vermittler zwischen Politik und Gesellschaft

14. Februar 2023
Ein Artikel von Studio ZX

Mitglieder von Brand New Bundestag kritisierten einen Vorschlag der Kommision zur Gaspreisbremse. Das Resultat: Die Forderungen flossen in das Gesetz ein. Wie arbeitet die Organisation? Und wie schafft sie es, das politische Geschehen zu beeinflussen?

von Anna-Lena Limpert, Studio ZX

Die Gaspreisbremse ist seit Ende Dezember vergangenen Jahres beschlossene Sache. Sie soll Privatpersonen sowie kleine und mittlere Unternehmen von den stark gestiegenen Gaspreisen entlasten – ab März 2023 und rückwirkend für Januar und Februar. Ein erster Vorschlag der zuständigen Kommission vom Oktober 2022 stieß bei Mitgliedern der Organisation Brand New Bundestag (BNB) auf Gegenwind. Bundestagsabgeordnete von SPD und Grünen, die von BNB unterstützt werden, forderten zweierlei: eine fixe Obergrenze und das Verbot des Weiterverkaufs von staatlich subventioniertem Gas. Von BNB unterstützt veröffentlichten sie gemeinsam ein entsprechendes Forderungspapier, das von den Medien aufgegriffen wurde. Beide Forderungen wurden später, zumindest in Teilen, im finalen Gesetz berücksichtigt.

Auch zuvor feierte Brand New Bundestag eigene Erfolge: Bei vergangenen Wahlen unterstützte die Organisation ihrer Ansicht nach progressive Politiker:innen bei ihrem Wahlkampf. Mittlerweile sitzen über 30 BNB-Politiker:innen in Landesparlamenten und im Bundestag. Zusammen mit Politiker:innen und Akteur:innen aus der Zivilgesellschaft hat BNB im vergangenen Jahr außerdem die Brand New Agenda herausgegeben – ein Thesenpapier mit gemeinsam formulierten Zielen und Visionen zur Lösung aktueller Krisen.

Aber wie genau arbeiten die Mitglieder unterschiedlicher Parteien und der Zivilgesellschaft zusammen? Und wie schafft es eine Organisation wie Brand New Bundestag, handfeste Veränderungen anzustoßen? Für die Graswurzelorganisation sei die Umsetzung ihrer Forderungen zur Gaspreisbremse ein besonderer Erfolg, berichtet Max Oehl, Co-Initiator von BNB. „Es ist für uns das erste große und prominente Beispiel, das zeigt, wie Politiker:innen – in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft – auf bundespolitischer Ebene etwas bewegen können“, führt Oehl an.

Die Co-Initiator:innen von Brand New Bundestag: Max Oehl, Eva-Maria Thurnhofer und Daniel Veldhoen
© Brand New Bundestag Die Co-Initiator:innen von Brand New Bundestag: Max Oehl, Eva-Maria Thurnhofer und Daniel Veldhoen

Wie arbeitet Brand New Bundestag?

Der Austausch steht im Zentrum der Arbeit von Brand New Bundestag. „Wir verstehen uns vor allem als Vermittler“, erklärt Oehl. Vermittler zwischen Politik und Gesellschaft, zwischen Bundestagsabgeordneten und Aktivist:innen. Bei regelmäßigen Treffen lädt BNB all diese Akteur:innen an einen Tisch, um gemeinsam zu diskutieren: Welche Themen sind aktuell, wo besteht Handlungsbedarf, und wie kann dieses Handeln aussehen? Ob ein Brandbrief oder eine Social-Media-Kampagne – das entscheiden die Beteiligten je nach Anlass.

Movement Politics: pragmatisch, aber progressiv

Die Art und Weise, wie Brand New Bundestag arbeitet, fasst Oehl mit dem Begriff „Movement Politics“ zusammen: ein Konzept, das aus den USA stammt und dort von Organisationen wie Brand New Congress – also dem amerikanischen Vorbild von BNB – gelebt wird. Damit gemeint sei die „enge Verzahnung zwischen zivilgesellschaftlicher und parlamentarischer Arbeit“, so Oehl „Wir verstehen die parlamentarische Arbeit als logisch-zwingende Fortsetzung von zivilgesellschaftlichem Engagement. Abgeordnete können hier als Lautsprecher fungieren.“ Lautsprecher für gemeinschaftlich gefasste und ausgearbeitete Ideen und Standpunkte.

Die Arbeit von Brand New Bundestag lebt vom gemeinsamen Austausch – nicht nur teamintern, sondern über Partei- und Sektorengrenzen hinweg.
© Brand New Bundestag Die Arbeit von Brand New Bundestag lebt vom gemeinsamen Austausch – nicht nur teamintern, sondern über Partei- und Sektorengrenzen hinweg.

Der Grundgedanke der Politikorganisation ist dabei stets, „pragmatisch-progressive Lösungen für die drängendsten Herausforderungen unserer Zeit“ zu finden, wie es auf der BNB-Website heißt. Oehl erklärt das so: „Diskussionen werden häufig ideologisch geführt, eher mit einer Keule der moralischen Überlegenheit.“ Diese Form des Aktivismus habe natürlich ihre Berechtigung, sei aber nicht sonderlich effektiv. „Brand New Bundestag will Wirkung sehen“, so Oehl, und nutze die Verständigung, das Aushandeln zwischen verschiedenen Instanzen als Werkzeug, diese Wirkung zu erzielen. Dabei gehe es auch um die Akzeptanz verschiedener Sichtweisen. Zum Beispiel: die Bindung von Landtags- oder Bundestagsabgeordneten an politische Zwänge ihrer Partei oder des Politikbetriebes. Kurzum: Es geht auch immer darum, mehr Verständnis füreinander zu schaffen. Etwas, das sonst im politischen Diskurs, in hitzig geführten Debatten, häufig zu kurz kommt.

Brand New Bundestag ist eine politische Graswurzelorganisation, die 2019 von Max Oehl, Eva-Maria Thurnhofer und Daniel Veldhoen gegründet wurde. Das Ziel von Brand New Bundestag ist es, Austausch für „progressive Kräfte in allen politischen Wirkungsräumen zu schaffen“. Das Netzwerk von BNB besteht aus über 30 Abgeordneten verschiedener demokratischer Fraktionen im Bundestag und aus diversen zivilgesellschaftlichen Organisationen.