Endoskope so dünn wie ein Haar – Eine Vision?
AnzeigeEin Beitrag aus dem Themenschwerpunkt „Zukunftsfragen der Forschung“.
KI-Modell überträgt Bild über eine einzelne optische Faser
Eine Verringerung des Durchmessers bei Endoskopen wäre in der Medizin oder technischen Branchen von großem Nutzen. Dies betrifft vor allem die Untersuchung schwer zugänglicher Bereiche, z. B. bei einer Nasenspiegelung oder Gastroskopie. Die Bildübertragung in Endoskopen erfolgt über Glasfaserbündel aus vielen tausend Einzelfasern oder direkt über Kamerasysteme. Ziel der Forschungsarbeiten an der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ) ist es, die Bildübertragung durch eine einzelne optische Multimodefaser von nur ca. 0,1 mm Durchmesser zu ermöglichen. Dadurch könne die Größe von Endoskopen auf die eines menschlichen Haares verringert werden.
Mathematisches Modell rekonstruiert Bilder
Einzelne Optische Fasern ermöglichen keine 1:1 Bildübertragung und erzeugen am Faserausgang nur eine Ansammlung unorganisierter Lichtpunkte. Es entsteht eine Art Kaleidoskop-Bild. Für die Bildrekonstruktion nutzten Forschende der WHZ ein auf künstlicher Intelligenz basierendes mathematisches Modell, in der Fachsprache „Neuronales Netz“ genannt. „Da es sich bei dieser Lösung um eine statistische Methode handelt, sind große Trainingsdatensätze notwendig. Aktuell können bereits einfache geometrische Strukturbilder auch auf Basis allgemeiner Trainingsdaten übertragen werden. Diese Daten werden zum Anlernen des Netzes genutzt und sind der Schlüssel zum Erfolg der Methode“, erklärt Leander Kläber, Masterand im Bereich Physikalische Technik. In ersten Vorarbeiten gelang es ihm einfache Bilder in die Faser einzukoppeln, welche dann auch bei minimalen Lageänderungen der Lichtleitfaser am Faserausgang wiederhergestellt werden konnten. Die Forschungsarbeiten entstehen in Kooperation mit dem Fraunhofer-Anwendungszentrum für Optische Messtechnik und Oberflächentechnologien AZOM in Zwickau.
Rekonstruktion von ersten realen Bildern erfolgreich
Zunächst arbeiteten die Wissenschaftler mit simulierten Trainingsdaten. Vorteile dieser Methode: die KI kann an beliebig vielen Daten lernen, ohne messtechnischem Aufwand und unabhängig von schwankenden Umgebungseinflüssen. Für simulierte Daten gelang bereits die Rekonstruktion des Ausgangsbildes. Problematisch dabei sei, dass die Simulation unter der Annahme perfekter Bedingungen erfolge, die in der Praxis nicht vorliegen. Konzepte für die Stabilität der Übertragung seien notwendig. „Unter realen Bedingungen, z. B. bei Anwendungen der Medizintechnik, würde die Faser bewegt und gebogen werden und unterliegt starken Wärmeeinflüssen, was insbesondere die Bildqualität reduziert“, betont Kläber. Das Netz müsse nun an diese Bedingungen angepasst werden. Im nächsten Schritt werden dem Netz reale Bilddaten zugeführt. Bisher konnten bereits Zahlen und einfache geometrische Strukturen erfolgreich rekonstruiert werden. „Unsere Forschungsarbeiten stehen noch am Anfang. Die Machbarkeit werden wir in weiteren Arbeiten prüfen, damit wir unserer Vision ‚ein Endoskop, so dünn wie ein menschliches Haar‘ näherkommen“, betont Prof. Dr. Peter Hartmann, Professor an der Physikalischen Technik und Leiter des Fraunhofer-Anwendungszentrums AZOM.
Diese wichtigen Erfahrungen und Erkenntnisse bringen die Forscher in das Co-Creation-Lab KI-Künstliche Intelligenz des Saxony⁵-Verbundes aktiv ein.
Die Westsächsische Hochschule in Zwickau ist zusammen mit den anderen sächsischen HAW aus Dresden, Leipzig, Mittweida und Zittau / Görlitz Mitglied im Transferverbund Saxony⁵.
Informationen
Saxony⁵ (sprich „Saxony high five“) ist ein Netzwerk von Wissenschaftlern der fünf sächsischen HAW in Zwickau, Mittweida, Zittau / Görlitz, Dresden und Leipzig.