ZEIT für X
Antje Schuschies und Leander Kläber am Demonstrator zur Bildübertragung über eine 105 μm dünne Lichtleitfaser. Mit Hilfe eines speziellen mathematischen Modells können die Forschenden aktuell einfache geometrische Strukturen auf Basis universeller Trainingsdaten auch bei minimalen Lageveränderungen der Lichtleitfaser sicher übertragen.

Endoskope so dünn wie ein Haar – Eine Vision?

24. März 2022
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Ein Beitrag der Westsächsischen Hochschule Zwickau.

Ein Beitrag aus dem Themenschwerpunkt „Zukunftsfragen der Forschung“.

KI-Modell überträgt Bild über eine einzelne optische Faser

Eine Verringerung des Durchmessers bei Endoskopen wäre in der Medizin oder technischen Branchen von großem Nutzen. Dies betrifft vor allem die Unter­suchung schwer zugänglicher Bereiche, z. B. bei einer Nasenspiegelung oder Gastroskopie. Die Bildüber­tragung in Endoskopen erfolgt über Glasfaser­bündel aus vielen tausend Einzelfasern oder direkt über Kamerasysteme. Ziel der Forschungs­arbeiten an der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ) ist es, die Bildüber­tragung durch eine einzelne optische Multimode­faser von nur ca. 0,1 mm Durchmesser zu ermöglichen. Dadurch könne die Größe von Endoskopen auf die eines menschlichen Haares verringert werden.

Mathematisches Modell rekonstruiert Bilder

Einzelne Optische Fasern ermöglichen keine 1:1 Bildüber­tragung und erzeugen am Faser­ausgang nur eine Ansammlung unorga­nisierter Licht­punkte. Es entsteht eine Art Kaleidoskop-Bild. Für die Bildrekon­struktion nutzten Forschende der WHZ ein auf künstlicher Intelligenz basierendes mathema­tisches Modell, in der Fachsprache „Neuronales Netz“ genannt. „Da es sich bei dieser Lösung um eine statistische Methode handelt, sind große Trainings­daten­sätze notwendig. Aktuell können bereits einfache geometrische Struktur­bilder auch auf Basis allgemeiner Trainings­daten übertragen werden. Diese Daten werden zum Anlernen des Netzes genutzt und sind der Schlüssel zum Erfolg der Methode“, erklärt Leander Kläber, Masterand im Bereich Physikalische Technik. In ersten Vorarbeiten gelang es ihm einfache Bilder in die Faser einzukoppeln, welche dann auch bei minimalen Lage­änderungen der Licht­leit­faser am Faser­ausgang wieder­hergestellt werden konnten. Die Forschungs­arbeiten entstehen in Kooperation mit dem Fraunhofer-Anwendungs­zentrum für Optische Mess­technik und Oberflächen­technologien AZOM in Zwickau.

Rekonstruktion von ersten realen Bildern erfolgreich

Zunächst arbeiteten die Wissen­schaftler mit simulierten Trainings­daten. Vorteile dieser Methode: die KI kann an beliebig vielen Daten lernen, ohne messtech­nischem Aufwand und unabhängig von schwankenden Umgebungs­einflüssen. Für simulierte Daten gelang bereits die Rekonstruktion des Ausgangs­bildes. Problematisch dabei sei, dass die Simulation unter der Annahme perfekter Bedingungen erfolge, die in der Praxis nicht vorliegen. Konzepte für die Stabilität der Übertragung seien notwendig. „Unter realen Bedingungen, z. B. bei Anwendungen der Medizin­technik, würde die Faser bewegt und gebogen werden und unterliegt starken Wärme­einflüssen, was insbesondere die Bildqualität reduziert“, betont Kläber. Das Netz müsse nun an diese Bedingungen angepasst werden. Im nächsten Schritt werden dem Netz reale Bild­daten zugeführt. Bisher konnten bereits Zahlen und einfache geometrische Strukturen erfolgreich rekonstruiert werden. „Unsere Forschungs­arbeiten stehen noch am Anfang. Die Machbar­keit werden wir in weiteren Arbeiten prüfen, damit wir unserer Vision ‚ein Endoskop, so dünn wie ein menschliches Haar‘ näherkommen“, betont Prof. Dr. Peter Hartmann, Professor an der Physika­lischen Technik und Leiter des Fraunhofer-Anwendungs­zentrums AZOM.

Diese wichtigen Erfahrungen und Erkennt­nisse bringen die Forscher in das Co-Creation-Lab KI-Künstliche Intelligenz des Saxony⁵-Verbundes aktiv ein.

Die Westsächsische Hochschule in Zwickau ist zusammen mit den anderen sächsischen HAW aus Dresden, Leipzig, Mittweida und Zittau / Görlitz Mitglied im Transferverbund Saxony⁵.

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Transferverbund Saxony⁵

Saxony⁵ (sprich „Saxony high five“) ist ein Netzwerk von Wissenschaftlern der fünf sächsischen HAW in Zwickau, Mittweida, Zittau / Görlitz, Dresden und Leipzig.

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