ZEIT für X

„Mit Biologika und innovativen Technologien noch gezielter gegen Krankheiten vorgehen“

14. September 2023
Anzeige
Ein Artikel von Studio ZX in Kooperation mit Sanofi

Am BioCampus von Sanofi entstehen neuartige Medikamente. Marion Zerlin ist dort Geschäfts­führerin Forschung und Entwicklung, Miriam Menge leitet die Produktion und Fertigung von Biologika. Mit ihnen sprachen wir über die Stärken des Standortes und Chancen durch Biologika.

Frau Zerlin, die Entwicklung neuer Medikamente ist aufwendig. Was macht den Prozess so anspruchs­voll?

Marion Zerlin: Wir fragen uns in der Forschung zunächst: Wie schaffen wir es, dass ein Medikament möglichst zielgenau gegen eine Krankheit wirkt? Dafür entwickeln wir eine Hypothese, um einen geeigneten Angriffs­punkt, ein sogenanntes Target, zu finden. Im Fokus stehen beispiels­weise Enzyme oder Rezeptoren, die in den Krankheits­prozess eingebunden sind. Dann beginnt die Suche nach Wirkstoffen, die an diesem Target angreifen und so seine Funktion beeinflussen. Später prüfen wir diese neuen potenziellen Kandidaten auf ihre Wirksamkeit. Zudem muss erforscht werden, ob der ausgewählte Wirk­stoff­kandidat die richtige Pharmakokinetik aufweist. Das bedeutet: Wie geht der Körper mit dem Arznei­mittel um, wie wird es verteilt und abgebaut? Selbst­verständlich sollte es keine unerwünschten Neben­wirkungen erzeugen und dann später in klinischen Studien, die über mehrere Jahre dauern, die Verträglichkeit und Wirksamkeit belegen. Letztlich gelangen von anfangs etwa fünf- bis zehn­tausend potenziellen Substanzen nur etwa neun Kandidaten in die klinischen Studien. Insgesamt schafft es nach rund zwölf Jahren Erforschung zumeist nur ein neuer Wirkstoff bis zur Zulassung.

Ergeben sich hier durch Künstliche Intelligenz (KI) neue Möglichkeiten?

Marion Zerlin: Mit KI-Modellen können neue Therapien schneller entwickelt werden. Beispielweise haben wir ein virtuelles Patienten­modell entwickelt, das sind digitale Abbildungen von Patient:innen aus klinischen Studien. Dieser virtuelle Patient ermöglicht es, die einer Krankheit zugrunde liegenden biologischen Prozesse besser zu verstehen. So kann die Wirksamkeit potenzieller Wirkstoffe bereits vor dem Eintritt in die klinischen Studien vorhergesagt werden. Wir beschleunigen die pharmazeutische Forschung und erhöhen die Chance, dass letztlich das richtige Molekül für die entsprechende Patienten­gruppe bereit­steht. So können Labor­versuche und Studien­anzahl reduziert werden. Das senkt auch die Belastung für die Patient:innen. Wir wollen so mit Biologika und innovativen Technologien noch gezielter gegen Krankheiten vorgehen.

Miriam Menge
© Thomas Lohnes / Sanofi

Dr. Miriam Menge ist seit Mai 2019 Leiterin des Produktions- und Fertigungs­bereiches Biologics & Oncology am Sanofi BioCampus Frankfurt. Die knapp 500 Mitarbeitenden in der pharma­zeutischen Wirk­stoff­produktion und Fertigung sind unter anderem für die Industrialisierung und Markt­einführung von innovativen Biologika verantwortlich. Davor arbeitete die promovierte Chemikerin in unterschiedlichen operativen Funktionen und im globalen strategischen Management der Insulin­produktions­einheit von Sanofi.

Am BioCampus von Sanofi in Frankfurt passiert beides: die Entwicklung von Arzneimitteln sowie ihre Fertigung. Wie gelingt das Zusammenspiel?

Miriam Menge: Der BioCampus ist ein Verbund von Forschung und Entwicklung auf der einen und Produktion und Fertigung auf der anderen Seite. Forschende sprechen hier bereits in einer frühen Phase der Entwicklung mit Kolleg:innen aus Produktion und Fertigung und Device-Entwickler:innen, die die passenden Applikations­hilfen für unsere Medikamente entwickeln. Die enge Verzahnung hilft uns bei der schnellen Industrialisierung der biotechnologisch hergestellten Arznei­mittel. Inter­disziplinäre Teams arbeiten an der reibungs­losen Skalierung der Produktions­prozesse eines neuen Wirkstoffes und Medikamentes. Am BioCampus decken wir die gesamte Wert­schöpfungs­kette ab: von der frühen Forschung über die Entwicklung und Herstellung des Wirkstoffes bis hin zum fertig verpackten Arzneimittel. Die Verzahnung unserer Experten­teams macht den BioCampus zu einem einmaligen Verbund und einem strategisch wichtigen pharmazeutischen Forschungs- und Produktions­standort.

Im Fokus Ihres Produktionsbereiches stehen Biologika. Was macht sie so besonders?

Miriam Menge: Wir sind die Brücke zwischen der Forschung und den Patient:innen. Am BioCampus bündeln wir Kompetenz und neue Technologien mit dem Ziel, Menschen mit Arzneimitteln zu versorgen. Noch vor einigen Jahren bestanden die meisten Medikamente aus synthetisch hergestellten kleinen Molekülen. Dem stehen heutige Biologika wie Antikörper, Proteine oder Enzyme gegenüber. Diese werden nicht chemisch, sondern in biologischen Systemen wie etwa Hefen, Bakterien oder tierischen Zellen hergestellt. Mehr als zwei Drittel der Wirkstoffe in der klinischen Forschung sind inzwischen Biologika. Deren Molekül­struktur ist deutlich komplexer. Auch die Herstellung und die damit verbundenen Prozesse sind anspruchs­voller. Die speziellen Produktions­bedingungen erfordern hochmoderne Produktions- und Fertigungs­anlagen sowie große Expertise. Das Motto lautet: Der Prozess ist das Produkt. Deshalb ist das Hand-in-Hand-Arbeiten und das Fachwissen aller Mitarbeitenden am BioCampus als Grundlage für die erfolgreiche Weiter­entwicklung von Biologika so wichtig, damit die Produktion in hervorragender Qualität gelingt.

Marion Zerlin
© Thomas Lohnes / Sanofi

Dr. Marion Zerlin ist seit August 2023 Geschäfts­führerin Forschung & Entwicklung bei Sanofi in Deutschland. Zerlin hat zudem eine globale Forschungs­funktion als Head of Project Management des Bereiches Chemical Manufacturing & Control inne. Bis 2020 unter­stützte die promovierte Biologin den globalen Forschungs­vorstand bei der Transformation der F&E-Organisation weltweit. Zuletzt verantwortete sie als Geschäfts­führerin die Akquisition und Integration von Kiadis.

Und was können diese biotechnologisch hergestellten Wirkstoffe?

Marion Zerlin: Der immens große Vorteil innovativer Biologika ist ihre hoch­spezifische Wirkung, die auch einen Beitrag zur sogenannten personalisierten Medizin leistet. Diese ermöglicht, gezielt Medikamente für einzelne Patient:innen bereit­zu­stellen. Mit den Biopharmazeutika begann eine neue Ära bei der Behandlung schwerer Erkrankungen wie Krebs, Auto­immun­erkrankungen wie rheumatoide Arthritis oder Seltener Erkrankungen.

Biologika als Chance: Was macht in der Medikamenten­entwicklung noch einen echten Fortschritt aus?

Marion Zerlin: Ein Schwerpunkt unserer Forschungs­expertise am BioCampus sind immunologische Erkrankungen. Wenn wir Wirkstoff­kandidaten für neue Medikamente ausfindig machen, profitieren wir ebenfalls von den Möglichkeiten des maschinellen Lernens: Wir nutzen dies beispielsweise, um Zehn­tausende von Wirkstoffen gleich­zeitig zu testen, Molekül­strukturen am Computer zu designen und zu simulieren, welches Medikament passen könnte. Auch Daten aus klinischen Studien und Versorgungs­daten­sätzen, sogenannte Real-World-Daten, können mittels KI analysiert werden. Heute spielen KI und lernende Algorithmen in der Pharma­forschung eine entscheidende Rolle. Hochmoderne Anlagen, digitale Expertise und inter­disziplinäre Teams komplettieren das Bild eines innovativen Forschungs-, Produktions- und Fertigungs­stand­ortes, wie der BioCampus einer ist. Wir erforschen und entwickeln innovative Therapie­ansätze für Patient:innen. Der Anspruch, Lösungen für die Medizin von morgen zu finden, spornt uns Tag für Tag an.