„Mit Biologika und innovativen Technologien noch gezielter gegen Krankheiten vorgehen“
AnzeigeAm BioCampus von Sanofi entstehen neuartige Medikamente. Marion Zerlin ist dort Geschäftsführerin Forschung und Entwicklung, Miriam Menge leitet die Produktion und Fertigung von Biologika. Mit ihnen sprachen wir über die Stärken des Standortes und Chancen durch Biologika.
Frau Zerlin, die Entwicklung neuer Medikamente ist aufwendig. Was macht den Prozess so anspruchsvoll?
Marion Zerlin: Wir fragen uns in der Forschung zunächst: Wie schaffen wir es, dass ein Medikament möglichst zielgenau gegen eine Krankheit wirkt? Dafür entwickeln wir eine Hypothese, um einen geeigneten Angriffspunkt, ein sogenanntes Target, zu finden. Im Fokus stehen beispielsweise Enzyme oder Rezeptoren, die in den Krankheitsprozess eingebunden sind. Dann beginnt die Suche nach Wirkstoffen, die an diesem Target angreifen und so seine Funktion beeinflussen. Später prüfen wir diese neuen potenziellen Kandidaten auf ihre Wirksamkeit. Zudem muss erforscht werden, ob der ausgewählte Wirkstoffkandidat die richtige Pharmakokinetik aufweist. Das bedeutet: Wie geht der Körper mit dem Arzneimittel um, wie wird es verteilt und abgebaut? Selbstverständlich sollte es keine unerwünschten Nebenwirkungen erzeugen und dann später in klinischen Studien, die über mehrere Jahre dauern, die Verträglichkeit und Wirksamkeit belegen. Letztlich gelangen von anfangs etwa fünf- bis zehntausend potenziellen Substanzen nur etwa neun Kandidaten in die klinischen Studien. Insgesamt schafft es nach rund zwölf Jahren Erforschung zumeist nur ein neuer Wirkstoff bis zur Zulassung.
Ergeben sich hier durch Künstliche Intelligenz (KI) neue Möglichkeiten?
Marion Zerlin: Mit KI-Modellen können neue Therapien schneller entwickelt werden. Beispielweise haben wir ein virtuelles Patientenmodell entwickelt, das sind digitale Abbildungen von Patient:innen aus klinischen Studien. Dieser virtuelle Patient ermöglicht es, die einer Krankheit zugrunde liegenden biologischen Prozesse besser zu verstehen. So kann die Wirksamkeit potenzieller Wirkstoffe bereits vor dem Eintritt in die klinischen Studien vorhergesagt werden. Wir beschleunigen die pharmazeutische Forschung und erhöhen die Chance, dass letztlich das richtige Molekül für die entsprechende Patientengruppe bereitsteht. So können Laborversuche und Studienanzahl reduziert werden. Das senkt auch die Belastung für die Patient:innen. Wir wollen so mit Biologika und innovativen Technologien noch gezielter gegen Krankheiten vorgehen.
Dr. Miriam Menge ist seit Mai 2019 Leiterin des Produktions- und Fertigungsbereiches Biologics & Oncology am Sanofi BioCampus Frankfurt. Die knapp 500 Mitarbeitenden in der pharmazeutischen Wirkstoffproduktion und Fertigung sind unter anderem für die Industrialisierung und Markteinführung von innovativen Biologika verantwortlich. Davor arbeitete die promovierte Chemikerin in unterschiedlichen operativen Funktionen und im globalen strategischen Management der Insulinproduktionseinheit von Sanofi.
Am BioCampus von Sanofi in Frankfurt passiert beides: die Entwicklung von Arzneimitteln sowie ihre Fertigung. Wie gelingt das Zusammenspiel?
Miriam Menge: Der BioCampus ist ein Verbund von Forschung und Entwicklung auf der einen und Produktion und Fertigung auf der anderen Seite. Forschende sprechen hier bereits in einer frühen Phase der Entwicklung mit Kolleg:innen aus Produktion und Fertigung und Device-Entwickler:innen, die die passenden Applikationshilfen für unsere Medikamente entwickeln. Die enge Verzahnung hilft uns bei der schnellen Industrialisierung der biotechnologisch hergestellten Arzneimittel. Interdisziplinäre Teams arbeiten an der reibungslosen Skalierung der Produktionsprozesse eines neuen Wirkstoffes und Medikamentes. Am BioCampus decken wir die gesamte Wertschöpfungskette ab: von der frühen Forschung über die Entwicklung und Herstellung des Wirkstoffes bis hin zum fertig verpackten Arzneimittel. Die Verzahnung unserer Expertenteams macht den BioCampus zu einem einmaligen Verbund und einem strategisch wichtigen pharmazeutischen Forschungs- und Produktionsstandort.
Im Fokus Ihres Produktionsbereiches stehen Biologika. Was macht sie so besonders?
Miriam Menge: Wir sind die Brücke zwischen der Forschung und den Patient:innen. Am BioCampus bündeln wir Kompetenz und neue Technologien mit dem Ziel, Menschen mit Arzneimitteln zu versorgen. Noch vor einigen Jahren bestanden die meisten Medikamente aus synthetisch hergestellten kleinen Molekülen. Dem stehen heutige Biologika wie Antikörper, Proteine oder Enzyme gegenüber. Diese werden nicht chemisch, sondern in biologischen Systemen wie etwa Hefen, Bakterien oder tierischen Zellen hergestellt. Mehr als zwei Drittel der Wirkstoffe in der klinischen Forschung sind inzwischen Biologika. Deren Molekülstruktur ist deutlich komplexer. Auch die Herstellung und die damit verbundenen Prozesse sind anspruchsvoller. Die speziellen Produktionsbedingungen erfordern hochmoderne Produktions- und Fertigungsanlagen sowie große Expertise. Das Motto lautet: Der Prozess ist das Produkt. Deshalb ist das Hand-in-Hand-Arbeiten und das Fachwissen aller Mitarbeitenden am BioCampus als Grundlage für die erfolgreiche Weiterentwicklung von Biologika so wichtig, damit die Produktion in hervorragender Qualität gelingt.
Dr. Marion Zerlin ist seit August 2023 Geschäftsführerin Forschung & Entwicklung bei Sanofi in Deutschland. Zerlin hat zudem eine globale Forschungsfunktion als Head of Project Management des Bereiches Chemical Manufacturing & Control inne. Bis 2020 unterstützte die promovierte Biologin den globalen Forschungsvorstand bei der Transformation der F&E-Organisation weltweit. Zuletzt verantwortete sie als Geschäftsführerin die Akquisition und Integration von Kiadis.
Und was können diese biotechnologisch hergestellten Wirkstoffe?
Marion Zerlin: Der immens große Vorteil innovativer Biologika ist ihre hochspezifische Wirkung, die auch einen Beitrag zur sogenannten personalisierten Medizin leistet. Diese ermöglicht, gezielt Medikamente für einzelne Patient:innen bereitzustellen. Mit den Biopharmazeutika begann eine neue Ära bei der Behandlung schwerer Erkrankungen wie Krebs, Autoimmunerkrankungen wie rheumatoide Arthritis oder Seltener Erkrankungen.
Biologika als Chance: Was macht in der Medikamentenentwicklung noch einen echten Fortschritt aus?
Marion Zerlin: Ein Schwerpunkt unserer Forschungsexpertise am BioCampus sind immunologische Erkrankungen. Wenn wir Wirkstoffkandidaten für neue Medikamente ausfindig machen, profitieren wir ebenfalls von den Möglichkeiten des maschinellen Lernens: Wir nutzen dies beispielsweise, um Zehntausende von Wirkstoffen gleichzeitig zu testen, Molekülstrukturen am Computer zu designen und zu simulieren, welches Medikament passen könnte. Auch Daten aus klinischen Studien und Versorgungsdatensätzen, sogenannte Real-World-Daten, können mittels KI analysiert werden. Heute spielen KI und lernende Algorithmen in der Pharmaforschung eine entscheidende Rolle. Hochmoderne Anlagen, digitale Expertise und interdisziplinäre Teams komplettieren das Bild eines innovativen Forschungs-, Produktions- und Fertigungsstandortes, wie der BioCampus einer ist. Wir erforschen und entwickeln innovative Therapieansätze für Patient:innen. Der Anspruch, Lösungen für die Medizin von morgen zu finden, spornt uns Tag für Tag an.