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Abb. 1: Interaktionsmöglichkeiten bei einer Reparatur.

Mixed Reality im Unternehmenskontext

08. Dezember 2022
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Ein Beitrag der Hochschule Mainz.

Virtual und Augmented Reality – Unter­nehmen suchen nach Orientierung.

Ein Beitrag aus dem Themenschwerpunkt „Angewandte Forschung an Hochschulen“.

Mixed Reality als Überbegriff zu Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) gewinnt für Unternehmen zunehmend Relevanz. Doch die Umsetzung neuer innovativer Technologien in marktfähige Produkte gestaltet sich meist sehr schwierig, Oftmals besteht die Herausforderung in der Entwicklung geeigneter Anwendungsszenarien.

Entscheiderinnen und Entscheider im Unternehmen haben im Regelfall schon von den Möglichkeiten, die Mixed Reality in unterschiedlichen Unternehmens­kontexten wie Konstruktion, Wartung, Logistik oder Marketing bieten können, gehört, aber oftmals fehlen ihnen entsprechende Einordnungs- und Entscheidungshilfen.

Wo die Forschung zu Mixed Reality helfen kann

Welche Form der Umsetzung ist für welchen Anwendungsfall am besten geeignet? Wie lassen sich Nutzerinnen und Nutzer am besten einbinden? Wann bieten sich VR-, wann AR-Anwendungen an? Werden reine Visuali­sierungs­möglich­keiten benötigt oder sind auch Inter­aktionen zu realisieren? Mit welchem Endgerät soll die Mixed Reality Anwendung genutzt werden? Mit diesen Fragen, die im Rahmen des Forschungs­schwerpunkts Mixed Reality im Unter­nehmens­kontext behandelt werden, müssen sich Unternehmen auseinandersetzen:

Abb. 2: Mixed Reality Continuum.
© Jens Keil Abb. 2: Mixed Reality Continuum.

Die Frage, wann sich VR-, wann AR-Anwendungen anbieten, lässt sich anhand verschiedener Entscheidungskriterien beantworten. Bei Beantwortung folgender Fragen mit Ja ist eine AR-Anwendung der korrekte Lösungsansatz: Werden alltägliche Situation simuliert? Treten diese Situationen immer wieder auf? Weisen die Situationen kein Gefährdungspotenzial auf? Ist eine Einbettung in die Realität notwendig? In allen anderen Fällen stellt eine VR-Anwendung das Mittel der Wahl dar.

Betrachtet man die Reparatur einer Anlage, dann bietet sich Augmented Reality an. Die Notwendigkeit der Einbettung in die Realität ist gegeben; die Funk­tions­fähigkeit, also eine Alltags­situation, soll erzielt werden. Ebenso ist die Verfügbarkeit der Anlage gegeben und es liegt kein Gefähr­dungs­potenzial vor. Anders sieht es z.B. beim Flug­training oder in einer Notaufnahme in einem Krankenhaus aus. In dieser virtuellen Welt sollen vor allem Ausnahme­situationen geübt werden, die in der Realität selten oder unregel­mäßig auftreten, dann aber ein hohes Gefährdungs­potenzial besitzen.

Wie viel Virtualität darf es bitte sein?

Hat man eine Entscheidung hinsichtlich Augmented und Virtual Reality getroffen, muss man im nächsten Schritt klären, welcher Realisierungsstufe die Mixed Reality Anwendung genügen soll. Reicht eine Visualisierung, bewegt man sich eher im Bereich Anleitung und Kontrolle, oder ist eine interaktive Anwendung notwendig? Je höher die Realisierungsstufe ist, desto größer sind Entwicklungs- und Schulungsaufwand sowie damit verbundene Kosten.

Abb. 3: Simulation einer Fahrradkonstruktion.
© Flying Shapes/​ZEIT ONLINE Abb. 3: Simulation einer Fahrradkonstruktion.

Hat man sich für Augmented Reality entschieden, ist nun in Abhängigkeit der Realisierungsstufe noch ein passendes Anwendungsszenario zu wählen. Sehr häufig setzt man Augmented Reality heute als Living Environment um. Darunter versteht man alle AR-Anwendungen, die mit mobilen Systemen reale Umgebungen oder Einrichtungen mit Zusatz­informationen jeglicher Art wie Text, 2D-Objekten, 3D-Objekten, Video- und Audio­sequenzen erweitern. Neben Smartphones und Tablets werden Daten­brillen zunehmend beliebter. Diese besitzen gegenüber klassischen mobilen Endgräten den Vorteil, dass Informationen direkt ins Blickfeld eingespielt werden und die Hände für andere Tätigkeiten genutzt werden können. Dies stellt insbesondere in Wartung oder Logistik einen entscheidenden Vorteil dar.

Kreativität versus Pragmatismus: eine Herausforderung

Anwendungen im Mixed Reality-Bereich stehen und fallen mit dem generierten Mehrwert. Natürlich erfordert die Umsetzung einer Mixed Reality-Anwendung entsprechenden Entwicklungsaufwand, der nicht zu unterschätzen ist. Sehr viel wichtiger ist aber, dass in die Konzeption der Anwendung einerseits so viel Kreativität wie nötig und andererseits so viel Pragmatismus wie möglich fließen, so dass die Anwendung später den notwendigen Mehrwert liefert.

Nächste Forschungsschritte liegen in der Identifikation von Anwendungs­mustern (Pattern), um Unternehmen in ihren Frage­stellungen optimal beraten und unterstützen zu können. Diese werden in einem Referenz­modell zusammen­gefasst und bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihre Handlungs­optionen hinsichtlich Mixed Reality zu identifizieren und zu bewerten.

Referenz

Mehler-Bicher, A., Steiger, L., & Weitzel, D. (2022). Mixed Reality Applications in Business Contexts. doi:10.5772/intechopen.106582

Frau Prof. Mehler-Bicher

Hochschule Mainz

Frau Prof. Mehler-Bicher ist Professorin für Wirtschaftsinformatik und Vizepräsidentin für Forschung und Digitalisierung an der Hochschule Mainz. In aktuellen Forschungsprojekten beschäftigt sie sich – gemeinsam mit Kolleg:innen aus dem Kommunikationsdesign – u.a. mit der Entwicklung einer webbasierten App für Stadtrundgänge in Mainz rund um die Erinnerungskultur mit Unterstützung durch Augmented Reality. Weitere Infos zu dem „Haus des Erinnerns“ findet man hier.