ZEIT für X
Der GLOHRA Steuerungskreis, bestehend aus Mediziner:innen, Public Health Forscher:innen, Geistes- und Sozialwissenschaftler:innen sowie Vertreter:innen der Ingenieurs- und sonstigen Wissenschaften und mit dem Team der Geschäftsstelle in Berlin.

„Wir wollen etwas verändern“

21. September 2023
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Ein Beitrag der German Alliance for Global Health Research (GLOHRA)

Prof. Dr. Eva Annette Rehfuess, Leiterin des Lehrstuhls für ­Public Health und Versorgungs­­forschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Co-Sprecherin der GLOHRA, im Gespräch.

von Françoise Hauser

Welche Beiträge leistet Deutschland aktuell zur globalen Gesundheit?

Die Rolle Deutschlands in der globalen Gesundheit hat sich in den letzten 15 Jahren stark verändert, auf dem inter­nationalen politischen Parkett ist Deutschland einer der großen Player geworden – und mittlerweile der größte Geldgeber bei der Welt­­gesundheits­organisation WHO. Zudem gibt es seit 2009 den World Health Summit in Berlin. Den hohen Stellen­wert der globalen Gesundheit erkennt man auch daran, dass es seit 2020 eine Global Health Strategie der Bundes­regierung gibt. Das ist der große politische Rahmen.

Prof. Dr. Eva Annette Rehfuess
© Norman Pretschner Prof. Dr. Eva Annette Rehfuess

Wir haben aber auch diverse Institutionen in Deutschland, die sich schon lange im Rahmen der technischen Zusammen­arbeit für die globale Gesundheit engagieren, etwa die Gesellschaft für Inter­nationale Zusammen­arbeit GIZ und auch das Robert Koch-Institut mit seinem neu geschaffenen Zentrum für internationalen Gesundheits­schutz. Diese starke politische Position Deutschlands benötigt aber auch eine ­starke Global Health Forschungs­landschaft. Hier setzt zum Beispiel die GLOHRA an – mit ihrer Vernetzung von Forscher:innen, ihrer Förderung von Nachwuchs­wissen­­schaftler:innen und ihrer Unterstützung innovativer interdisziplinärer Projekte.

Warum ist denn diese interdisziplinäre und internationale Vernetzung so wichtig?

Gesundheit wird oft gleichgesetzt mit Medizin, beinhaltet aber viel mehr. Sozial- und Naturwissenschaften spielen da genauso eine Rolle wie Ingenieurs- und Politik­wissenschaften, je nach Frage­stellung. Die Corona­pandemie hat ja gezeigt, dass wir die großen gesundheitlichen Krisen nicht nur aus dem Blickwinkel einer Disziplin oder eines Landes lösen können. Wir müssen uns global vernetzen und unterschiedliche Perspektiven mit ins Boot holen. Innovative Lösungs­ansätze, die in einem afrikanischen Land erfolg­reich sind, können auch für den globalen Norden eine gute Anregung sein – diese „reverse innovation“ wird viel zu wenig genutzt. Umgekehrt sind die technischen Innovationen aus dem globalen Norden für den Süden interessant.

Wir müssen uns global vernetzen und unter­schiedliche Perspektiven mit ins Boot holen.

Prof. Dr. Eva Annette Rehfuess, Co-Sprecherin der GLOHRA

Wie arbeiten Sie als Global Health Forscherin mit Politiker:innen und Praktiker:innen zusammen? Forschung muss ja auch umgesetzt werden …

Wir Forscher:innen im Bereich der globalen Gesundheit wollen etwas in der Gesellschaft verändern, egal, ob es um ein neues ­Therapeutikum geht, eine Reformierung des Gesundheits­systems oder um Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel.

Dazu braucht man den Austausch auf ­unterschiedlichen Ebenen, in Deutschland und noch viel mehr in Partnerländern. Ich persönlich bringe mich viel bei der ­Welt­gesundheits­organisation ein, zum Beispiel über die Beteiligung an Leitlinien, die dann von vielen Ländern des globalen Südens, aber auch des globalen Nordens zumindest wahrgenommen und oft auch umgesetzt werden.

Gleichzeitig beziehen wir oft Prakti­ker:innen mit viel Erfahrung und Einfluss in den Forschungs­prozess ein, damit die Forschung wirklich relevant ist und reale Probleme adressiert. Vertreter:innen von Ministerien sind dabei, wenn Forschungs­fragen entschieden werden – und fühlen sich dann dem Projekt verbunden. Lokale Expert:innen helfen uns bei der Auswahl unserer Methodik: Ist sie wirklich geeignet? Ist sie in einem Township in Südafrika überhaupt umsetzbar? Und später unterstützen sie uns bei der Interpretation der Ergebnisse und der Frage, wie man diese in praktische oder auch politische Prozesse implementiert.

Gesundheit für alle

Globale Gesundheit zu verbessern ist ein großes Ziel. Das Wissenschaftsnetzwerk GLOHRA arbeitet daran mit zahlreichen Projekten, in denen gemeinsam geforscht wird, unter anderen mit diesen:

Wie kann man Krebs verhindern und was bedeutet die Diagnose? Gesundheitskompetenz kann Leben retten.
© CCC Hannover Wie kann man Krebs verhindern und was bedeutet die Diagnose? Gesundheitskompetenz kann Leben retten.

Information und Früh­erkennung im Kampf gegen Krebs

In Kenia untersucht die Nach­wuchs­wissen­schaftlerin Dr. Stefanie Harsch-Oria von der Universität Freiburg, wie man mithilfe digitaler Erzählungen die krebs­bezogene Gesundheits­kompetenz der Bevölkerung verbessern kann. In einem weiteren Projekt in Indonesien geht es um Früherkennung: Ein Team aus Wissenschaftler:innen der Medizinischen Hochschule Hannover und der Universität Yogya­karta arbeitet gemeinsam am Aufbau von gemeinde­basierten HPV-Screenings als Früh­erkennungs­maßnahme gegen Gebär­mutter­hals­krebs. Auch hier ist die Information der Bevölkerung ein zentra­les Thema: Entwickelt werden zudem ­Informations­materialien und Schulungs­konzepte.

Noch immer haben Frauen weltweit vielerorts einen schlechteren Zugang zu medizinischer Versorgung. Das soll sich ändern.
© GLOHRA/S. Gudath Noch immer haben Frauen weltweit vielerorts einen schlechteren Zugang zu medizinischer Versorgung. Das soll sich ändern.

Geschlechtergerechtigkeit in der Gesundheit

Der junge Gesundheits­kommunikations-Forscher Dr. Gbadebo Collins Adeyanju von der Universität Erfurt untersucht daher, warum Mädchen in Subsahara-Afrika seltener geimpft werden als Jungen und welche Rolle Väter bei Impf­entscheidungen spielen. Oft basieren diese Entscheidungen auf Fehl­informationen. Der Wissenschaftler arbeitet an Konzepten, dem entgegen­zu­wirken. In einem weiteren Projekt untersuchen Forscher:innen der Universität Heidelberg und der TU Berlin, wie sich Geschlechter­diskriminierung auf die Gesundheit werdender Mütter auswirkt. Das Ziel: Diskriminierung messbar und damit greifbar zu machen.

Überall dort, wo eine Früh­erkennung wichtig ist, können digitale Ansätze effiziente ­Lösungen bieten.
© GLOHRA/S. Gudath Überall dort, wo eine Früh­erkennung wichtig ist, können digitale Ansätze effiziente Lösungen bieten.

Digitalisierung für eine bessere medizinische Versorgung

Im ländlichen Uganda entwickeln und erproben Forscher:innen der Charité und der Universität Heidelberg gemeinsam mit der lokalen NGO ACCESS und der Makerere Universität eine mobile Anwendung, mit deren Hilfe Blut­hoch­druck­patienten früher diagnostiziert, besser behandelt und langfristig unter­stützt werden können. Digital ist auch der Ansatz eines gemeinsamen Projekts von Wissenschaftler:innen der Universität Heidelberg, des Deutschen Krebs­forschungs­zentrums, der Pwani University in Kenia und des Centre for Infectious Disease Research in Sambia: Sie arbeiten zusammen an der Nutzung künstlicher Intelligenz für die Diagnostik von Tuberkulose, der Infektions­krankheit mit den meisten Todes­fällen weltweit.


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