ZEIT für X
Darstellung der Verbindung von Truck und Trailer eines autonomen Lkw.

Zukunfts­lösungen für autonome Lkw

24. März 2022
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Ein Beitrag des Saxony⁵ Mitglieds WHZ.

Innovationen sind gefragt, um den Über­gang zum selbst­­fah­renden Lkw zu meistern. Die WHZ und das FTZ forschen an entsprechenden Lösungen.

Ein Beitrag aus dem Themenschwerpunkt „Zukunftsfragen der Forschung“.

Sichere Daten­über­tragung für autonome Nutz­fahrzeuge

Die Anforderungen des Nutzfahrzeug­bereiches zur Autonomisierung von Fahr­funktionen unterscheiden sich von denen im Pkw enorm. Schon allein die Größe der Fahrzeuge, andere Nutzungs­profile und die scheinbar unendlich möglichen Kombina­tionen aus Zugmaschine und Trailer lassen eine einfache Übernahme von Lösungen aus den Personen­kraftwagen nicht zu.

Jedoch bietet die Automatisierung von Fahr­funktionen bei Nutzfahr­zeugen im gewerblichen Einsatz ein großes Potential. Der wichtigste Punkt ist die Entlastung der Fahrer, um Unfälle auf Grund von Müdigkeit oder Unaufmerk­samkeit zu verhindern. Durch selbst­fahrende Systeme könnten Pausenzeiten „on the road“ generiert und damit die verbleibende Lenkzeit verlängert werden. Die Automa­tisierung wird derzeit in rechtlich und räumlich abgegrenzten Bereichen (Werksgelände) erprobt.

Im Pkw-Bereich sind bereits viele Assistenz­systeme im Einsatz, die den Fahrer zum Beispiel beim Parken unterstützen oder die Sicher­heit durch eine automatische Abstands­kontrolle erhöhen. Erste Fahrzeug erfüllen bereits die Anforderungen, um Fahr­funktionen komplett autonom durchzuführen.

Der Unterschied zum autonomen Pkw

Beim Pkw sind die Datenraten bereits im Gigabit-Bereich angekommen. Die zugehörigen Übertragungs­systeme sind für Pkws optimiert und durch die höheren Anforderungen im Nutzfahrzeug­bereich nicht ohne Anpassungen auf diesen übertragbar. Das ist am Beispiel der Schnitt­stelle zwischen Truck und Trailer bei Sattelzügen gut erklärbar. Die für die „Zusammen­arbeit“ notwendigen Verbindungen für Elektrik, Pneumatik und natürlich auch für die Daten­über­tragung werden derzeit über die verschiedensten etablierten Steck­verbindungen realisiert. Die Anforderungen an diese Verbindungen sind durch den weltweiten Einsatz und die hohe Anzahl von Betriebsstunden enorm.

Exemplarische Darstellung der Entwicklung von Datenraten für Datenübertragungssysteme im Fahrzeug seit der Einführung von Bussystemen im Pkw-Bereich.
© Matthias Trebeck 2021 Exemplarische Darstellung der Entwicklung von Datenraten für Datenübertragungssysteme im Fahrzeug seit der Einführung von Bussystemen im Pkw-Bereich.

Die Herausforderungen im Nutzfahrzeug­bereich für deren elektronische Systeme lassen sich in folgende Beispiele herunterbrechen:

  • Ausdehnung der Vernetzung durch die maximal mögliche Anzahl von Hängern bei Road Trains, z.B. in Australien
  • Kombinationsmöglichkeiten von Sattelzug und Trailer
  • hohe Anzahl von Steckzyklen der Verbindungen bei Wechsel der Auflieger
  • Nutzungsdauer deutlich höher als im Pkw-Bereich

Auch durch die signifikante Zunahme von Assistenz­systemen verändert sich im Fahrzeug die Struktur der Vernetzung. Das elektronische Gesamt­system, mit seinem Kabelbaum von bis zu 8 Kilometern (!) Leitungslänge und den zahlreichen Steuer­geräten mit ihren vernetzten Funktionen, wird mehr und mehr als ein Zentralrechner ausgerichtet. Diese Einheit übernimmt demnach zusätzlich noch die Auswertung der Sensorik für die Umfeld­überwachung und steuert beispielsweise auch etwaige Eingriffe wie die Lenk­korrekturen des Spurhalteassistenten. Jedes neue Assistenz­system und insbesondere dessen Kameras, erhöht die Anforderungen an den Daten­durchsatz im Fahrzeug enorm. Davon ausgehend sind nun Inno­vationen gefragt, um den Übergang zum selbstfahrenden Lkw zu meistern.

Der innovative Steckkontakt

Die bisher genutzte Datenrate an der Schnittstelle von Truck und Trailer muss für die neuen Anforderungen von 125 Kilobit auf 1 Gigabit pro Sekunde erhöht werden. Ein besonders kritischer Punkt im Kommuni­kations­system ist der Steck­kontakt an der Übergabe­stelle von der Zugmaschine zum Trailer. Im Einsatz kann es hier zu vielen täglichen Steck­vorgängen kommen, die bei der Auslegung zu berücksichtigen sind. Dafür gibt es im Bereich der Gigabit-Übertragungs­systeme noch keine etablierten Kontakte. Besonders hier sind komplett neue Lösungsansätze notwendig.

Messadapter für die Steckverbindung der Truck-Trailer-Schnittstelle.
© Matthias Trebeck 2021 Messadapter für die Steckverbindung der Truck-Trailer-Schnittstelle.

Mit diesem Thema befasste sich eine Forschergruppe des FTZ e.V. an der Westsächsischen Hochschule in Zwickau intensiv. Im Laufe der Untersuchungen wurde aus mehreren Lösungen die bestmögliche ausgewählt und sorgfältig geprüft. Momentan erfolgt für diese Lösung die Standardi­sierung als Voraussetzung zur internationalen Realisierung. Durch die aktive Mitarbeit im Co-Creation Lab „Vernetzte Mobilität“ des Transferverbundes Saxony⁵ wurde die Vernetzung von verschiedenen Akteuren aus unterschiedlichen Branchen erreicht, die maßgeblich zum Erfolg des Projektes beigetragen haben. Nebenbei wurde damit auch die Zahl der potentiellen Nutzer erhöht, was sich positiv auf die ökonomischen Erfolgs­aussichten auswirkt. Im Co-Creation Lab „Vernetzte Mobilität“ arbeiten verschiedene Forschergruppen an Lösungen für die zukünftige Mobilität. Eine Lösung für die Kommunikations­systeme fand eine Forschergruppe des FTZ e.V. an der Westsächsischen Hochschule in Zwickau, die sich schon lange mit der Zukunfts­fähigkeit von Kfz-Kommunikations­systemen befasst. „Durch unsere langjährigen Erfahrungen mit Tests von Kommunikations­systemen und durch die Vernetzung vieler Akteure aus unterschiedlichen Branchen, erarbeiteten wir die bestmögliche Lösungs­variante.“, berichtet Dr. Bernd Körber, stellvertretender Laborleiter der Forschergruppe am FTZ. Auf Basis dieser Forschungs­ergebnisse arbeitet gegenwärtig die Forschungs­vereinigung Automobil­technik (FAT) an einer internationalen Norm für Steck­verbindungen, Leitungen und die Datenübertragung.

Veröffentlichung der Ergebnisse

Die Forschungsvereinigung Automobiltechnik ist ein Netzwerk aller deutschen Pkw- und Nfz-Hersteller und zahlreicher Zulieferer und Dienstleister der Branche. Unter dem Dach des Verbands der Automobil­industrie (VDA) bearbeitet der Verein in Kooperation mit Hochschulen und Forschungs­einrichtungen vorwett­bewerblich und gemeinschaftlich Forschungs­themen mit Bezug zum Automobil. Die Untersuchungen der anwendungs­nahen Forschung des FTZ beziehen sich auf verschiedene Bereiche der Daten­übertragung für autonome Fahrfunktionen. Die Ergebnisse sind frei zugänglich und wurden 2021 vom FAT in der FAT-Schriften­reihe unter dem Titel „Schnelle, breitbandige Daten­übertragung zwischen Truck und Trailer als Voraussetzung für das hoch­automatisierte Fahren von Lastzügen“ veröffentlicht.

Transferverbund Saxony⁵

Im Transferverbund Saxony⁵ arbeiten die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften Sachsens interdisziplinär und vernetzt zusammen, um eine inhaltlich und methodisch neue Qualität im Wissens- und Technologietransfer und somit einen nachhaltigen Mehrwert für die Region Sachsen zu erreichen.

Saxony⁵ wird seit 2018 im Rahmen der Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule“ von BMBF und SMWK gefördert.

www.saxony5.de

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