Impulse des Monats - von Spielsteinchen bis Krisenchat
Welche Ideen haben das Potenzial, zum Trend zu werden und unser Miteinander zu verändern? Und was können Unternehmen, Politik und Zivilgesellschaft daraus lernen? Eine Auswahl neuer Ansätze für unser Zusammenleben.
Trends kommen und gehen, das liegt in der Natur der Sache. Aber manchmal kann aus einem Trend echter Wandel werden, der langfristig für Veränderung sorgt. Vor allem dann, wenn viele Menschen von der Idee dahinter profitieren. In dieser Reihe stellen wir einmal im Monat genau solche Lösungen vor: drei Initiativen, Ideen, Gründungen oder Forschungsergebnisse, die inspirieren.
Name von Buchenden: anonym
Studienergebnisse der Harvard Business School zeigen, dass Buchungen beim Tourismusunternehmen Airbnb von Personen mit eindeutig afroamerikanischem Namen häufiger abgelehnt werden als die von Menschen mit „weiß klingenden“ Namen. Die Forschenden schlussfolgerten, dass das vielerorts eingesetzte Buchungssystem von Airbnb, das Namensangabe und Fotopflicht vorsieht, Diskriminierung fördern kann. Genau aus diesem Grund hatten Schwarze Frauen aus Oregon (USA) 2017 gegen den Anbieter geklagt. Airbnb hat sich außergerichtlich mit den Klägerinnen geeinigt und führt als Reaktion darauf im selben Bundesstaat zurzeit ein Pilotprojekt durch: Angaben zum Namen sowie das Foto der buchenden Person sollen so lange anonymisiert bleiben, bis der:die jeweilige Gastgeber:in die Buchung bestätigt hat. Im besten Fall mit der Folge, dass Rassismus und Stereotype zumindest in diesem Schritt keine Rolle mehr spielen. Offen bleibt, was nach der Buchungsbestätigung passiert, beispielsweise bei rassistisch motivierten Stornierungen.
Die Klage zeigt einmal mehr, dass sich unbewusste Voreingenommenheit und Rassismus durch alle Lebensbereiche ziehen, und auch, welche Verantwortung besonders große und einflussreiche Unternehmen wie Airbnb im Kampf dagegen tragen sollten.
Stein des Anstoßes
Mit dem Wort „Xylophonspieler“ räumen Sie punktetechnisch bei Scrabble ziemlich ab. Es geht aber noch besser. Wie wäre es mit Xylophonspieler*in? Dieser erfolgsversprechende und gleichzeitig gendersensible Spielzug ist seit Kurzem mit ein bisschen Glück beim Buchstabenziehen möglich. Denn: Der Spielehersteller Mattel hat das Steinerepertoire des Brettspiels um den Genderstein „*in“ ergänzt. Mit dem Genderstein können Spielende nun das generische Maskulinum, das häufig bei personenbezogenen Substantiven genutzt wird, um eine gendergerechte Endung ergänzen, die alle Menschen inkludiert. Bringt zehn Spielpunkte, aber vielleicht noch viel mehr als das. Denn laut Mattel soll der Genderstein vor allem dabei helfen, gendergerechte Sprache spielerisch zu erlernen und so in den täglichen Sprachgebrauch zu überführen. So werden alle Menschen in der Sprache – und beim Spielen – sichtbar gemacht. Der *in-Stein kann nachträglich kostenlos beim Kundenservice angefragt werden. Wer nicht warten möchte, muss das auch nicht: Jeder Blankostein kann als *in-Stein gesetzt werden.
Krisenchat auf Ukrainisch
Seit Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine sind Schätzungen zufolge auch mehrere Hunderttausend Kinder und Jugendliche nach Deutschland geflüchtet. Das Berliner Start-up „krisenchat“ bietet deswegen Jugendlichen in und aus der Ukraine psychosoziale Unterstützung: Via Chat können sich die Betroffenen rund um die Uhr kostenlos mit ehrenamtlichen ukrainisch- und russischsprachigen Berater:innen austauschen. Damit reagiert das Beratungsangebot krisenchat auf den seit Kriegsbeginn mutmaßlich gesteigerten Betreuungsbedarf dieser besonders vulnerablen Gruppe.
Das Start-up gibt es schon länger. Gegründet wurde krisenchat zu Beginn der Pandemie mit dem Ziel, jungen Menschen niedrigschwellige psychische Nothilfe anzubieten. Und zwar über die meistgenutzten Kommunikationskanäle der Zielgruppe: via die Messengerdienste WhatsApp oder Telegram. Im Fokus steht laut krisenchat die kurzfristige Beratung. Andauernde psychische Unterstützung könne durch den Chat nicht ersetzt werden. Das Start-up hat außerdem einen Handlungsleitfaden mit der Polizei erarbeitet, die in akuten Notsituationen eingeschaltet werden kann.