ZEIT für X
Pia Bielitz trainiert den Cobot in der Fabrik der Zukunft der HTW Dresden.

Digitalisierung erlebbar machen – Konzepte für die Fabrik der Zukunft

24. März 2022
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Ein Beitrag des Saxony⁵ Mitglieds HTW.

Gemeinsam arbeiten Hochschulen und Industrie daran, das Zusammen­spiel von Mensch und Technik in der Fabrik der Zukunft optimal zu gestalten.

Ein Beitrag aus dem Themenschwerpunkt „Zukunftsfragen der Forschung“.

Wie werden die Fabriken der Zukunft aussehen und wie werden Mensch und Technik in diesen Fabriken miteinander arbeiten? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Co-Creation-Lab (CCL) „Fabrik der Zukunft“, des Transfer­verbundes Saxony⁵ in seinen Forschungs- und Transfer­arbeiten. Kleinere Losgrößen in der Produktion, eine zunehmend höhere Variabilität bei den Produkten sowie der demografische Wandel führen zu neuen Heraus­forderungen in der Gestaltung von Arbeits­umgebungen in unseren Fabriken. Deutschlands Bevölkerung wird immer älter und dem Arbeitsmarkt fehlen zunehmend Fachkräfte. Unternehmen, Industrie und Handwerk stehen bereits heute häufig vor der Heraus­forderung, offene Stellen nicht mehr besetzen zu können. Wenn ab 2025 die geburten­starken Jahrgänge der Sechziger­jahre in Rente gehen, fehlen am Arbeits­markt zusätzlich Millionen Menschen. Der Zustrom von Arbeits­kräften aus dem Ausland nahm in den letzten Jahren eher ab und wird diese Lücke nicht schließen können. Neue Formen der Mensch-Technik-Interaktion und Automatisierung werden ein Schlüssel­faktor sein, um diese Lücke zu schließen und Wert­schöpfung in Deutschland zu erhalten. Asiatische Staaten zeigen, dass diese Konzepte geeignet sind, um die durch den Fach­kräfte­mangel entstehende Lücke zu schließen. In Zusammen­arbeit mit regionalen, kleinen und mittel­ständischen Unternehmen forschen die sächsischen Hoch­schulen für Angewandte Wissen­schaften (HAW) an Lösungen für diesen gesell­schaftlichen und technologischen Wandel.

Am digitalen Zwilling wurde ein Retrofit-Konzept für die Reifenmontage erarbeitet und virtuell erprobt.
© HTW Dresden 2021 Am digitalen Zwilling wurde ein Retrofit-Konzept für die Reifenmontage erarbeitet und virtuell erprobt.

Ein wichtiger Hebel für die Unternehmen ist dabei die Digita­lisierung und Automa­tisierung ihrer Bestands­maschinen. Mit dem sogenannten Retrofit lassen sich Bestands­maschinen zukunfts­fähig machen, indem sie um zusätzliche Sensorik und Aktorik erweitert werden. Der Ansatz schützt die Investition in die bestehenden Anlagen und befähigt diese gleichzeitig dazu, deutlich flexibler und automa­tisierter zu produzieren. In der Kooperation mit einem mittel­ständigen Dresdner Unternehmen entstand so zum Beispiel eine Lösung, welche unter Nutzung von bereits vorhandenen Maschinen den kompletten Prozess der Montage eines PKW-Reifens automatisiert. Ein wichtige Schüssel­technologie ist dabei die künstliche Intelligenz. Erweitert mit einem Kamera­system und einer von der HTW Dresden entwickelten Computer-Vision-Lösung wurden den Maschinen quasi Sehen beigebracht. Mit Hilfe der KI können die Maschinen nun automatisch die richtige Position für die Wucht­gewichte an der Felge erkennen und ein Ventil vollautomatisiert in die Felge einschrauben. In der Kombination mit einem Industrie­roboter und speziell entwickelten, neuen Werkzeugen lässt sich die zuvor körperlich schwere Arbeit jetzt vollständig automatisieren. Zusätzlich installierte Sensorik liefert zu jeder Zeit aktuelle Informationen über das komplette System und ermöglicht somit die effiziente Steuerung des Fertigungsprozesses.

KI-überwachte Materialzuführung.
© HTW Dresden 2021 KI-überwachte Materialzuführung.

Welche Rolle der Mensch in der Fabrik der Zukunft einnimmt, untersucht das CCL nach dem Mensch-Technik-Organi­sation-Ansatz. In den Modell­fabriken der HAW und in den Fertigungen der Industrie­partner entstehen Lösungen, die den Menschen effizient und auf die jeweilige Aufgabe und Situation abgestimmt mit Informationen versorgen. Erweitert um zusätzliche Sensorik werden an den Maschinen alle relevanten Betriebs­zustände erfasst, um Wartungs­prozesse zu optimieren und die Qualität der Fertigung zu steigern. Im Co-Creation-Ansatz entstand so beispiels­weise eine Lösung, welche die Material­zuführung per Kamera an einer Anlage überwacht. Eine künstliche Intelligenz erkennt das Material und prüft wichtige, für den Produktions­prozess relevante, Eigenschaften. Erkennt das System dabei einen Fehler, wird der Anlagen­bediener per Monitor und akustischem Signal gewarnt. Auf diese Weise wird spätere Nacharbeit oder Ausschuss vermieden.

Die HoloLens zeigt den aktuellen Betriebszustand der einzelnen Anlagenmodule und führt gezielt durch den Wartungsprozess.
© Robert Pampuch /​ HTW Dresden 2020 Die HoloLens zeigt den aktuellen Betriebszustand der einzelnen Anlagenmodule und führt gezielt durch den Wartungsprozess.

Neue Technologien wie Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) werden in Zukunft Einzug auf den betrieb­lichen Hallen­bogen halten. Sie erlauben es, dass Inbetrieb­nahme­prozesse mittels VR einfacher und intuitiver gestaltet werden. Im täglichen Arbeits­prozess versorgen VR-Lösungen den Werker oder Instand­halter mit aktuellen Informationen zum Anlagen­zustand und können Bedienungs- und Wartungs­anweisungen abgestimmt auf die aktuelle Arbeits­situation und -aufgabe benutzer­zentriert ausspielen.

Damit speziell KMUs die Potentiale all dieser Konzepte und Technologien der Fabrik der Zukunft für sich erkennen und nutzen, agiert das CCL unter dem Motto „Digita­lisierung erlebbar machen“. Unternehmen sind eingeladen, in den Modell­fabriken, Laboren und Versuchs­ständen mittels aktueller Demonstra­toren Konzepte für die Digita­lisierung in ihren Fabriken kennenzulernen, selbst auszuprobieren und gemeinsam mit den Forschenden der Fabrik der Zukunft konkrete Konzepte für die Umsetzung in ihrem betrieblichen Alltag zu erarbeiten.

Transferverbund Saxony⁵

Im Transferverbund Saxony⁵ arbeiten die Hochschulen für Angewandte Wissen­schaften Sachsens interdisziplinär und vernetzt zusammen, um eine inhaltlich und methodisch neue Qualität im Wissens- und Technologie­transfer und somit einen nachhaltigen Mehrwert für die Region Sachsen zu erreichen.

Saxony⁵ wird seit 2018 im Rahmen der Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule“ von BMBF und SMWK gefördert.

www.saxony5.de

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