Digitalisierung erlebbar machen – Konzepte für die Fabrik der Zukunft
AnzeigeGemeinsam arbeiten Hochschulen und Industrie daran, das Zusammenspiel von Mensch und Technik in der Fabrik der Zukunft optimal zu gestalten.
Ein Beitrag aus dem Themenschwerpunkt „Zukunftsfragen der Forschung“.
Wie werden die Fabriken der Zukunft aussehen und wie werden Mensch und Technik in diesen Fabriken miteinander arbeiten? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Co-Creation-Lab (CCL) „Fabrik der Zukunft“, des Transferverbundes Saxony⁵ in seinen Forschungs- und Transferarbeiten. Kleinere Losgrößen in der Produktion, eine zunehmend höhere Variabilität bei den Produkten sowie der demografische Wandel führen zu neuen Herausforderungen in der Gestaltung von Arbeitsumgebungen in unseren Fabriken. Deutschlands Bevölkerung wird immer älter und dem Arbeitsmarkt fehlen zunehmend Fachkräfte. Unternehmen, Industrie und Handwerk stehen bereits heute häufig vor der Herausforderung, offene Stellen nicht mehr besetzen zu können. Wenn ab 2025 die geburtenstarken Jahrgänge der Sechzigerjahre in Rente gehen, fehlen am Arbeitsmarkt zusätzlich Millionen Menschen. Der Zustrom von Arbeitskräften aus dem Ausland nahm in den letzten Jahren eher ab und wird diese Lücke nicht schließen können. Neue Formen der Mensch-Technik-Interaktion und Automatisierung werden ein Schlüsselfaktor sein, um diese Lücke zu schließen und Wertschöpfung in Deutschland zu erhalten. Asiatische Staaten zeigen, dass diese Konzepte geeignet sind, um die durch den Fachkräftemangel entstehende Lücke zu schließen. In Zusammenarbeit mit regionalen, kleinen und mittelständischen Unternehmen forschen die sächsischen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) an Lösungen für diesen gesellschaftlichen und technologischen Wandel.
Ein wichtiger Hebel für die Unternehmen ist dabei die Digitalisierung und Automatisierung ihrer Bestandsmaschinen. Mit dem sogenannten Retrofit lassen sich Bestandsmaschinen zukunftsfähig machen, indem sie um zusätzliche Sensorik und Aktorik erweitert werden. Der Ansatz schützt die Investition in die bestehenden Anlagen und befähigt diese gleichzeitig dazu, deutlich flexibler und automatisierter zu produzieren. In der Kooperation mit einem mittelständigen Dresdner Unternehmen entstand so zum Beispiel eine Lösung, welche unter Nutzung von bereits vorhandenen Maschinen den kompletten Prozess der Montage eines PKW-Reifens automatisiert. Ein wichtige Schüsseltechnologie ist dabei die künstliche Intelligenz. Erweitert mit einem Kamerasystem und einer von der HTW Dresden entwickelten Computer-Vision-Lösung wurden den Maschinen quasi Sehen beigebracht. Mit Hilfe der KI können die Maschinen nun automatisch die richtige Position für die Wuchtgewichte an der Felge erkennen und ein Ventil vollautomatisiert in die Felge einschrauben. In der Kombination mit einem Industrieroboter und speziell entwickelten, neuen Werkzeugen lässt sich die zuvor körperlich schwere Arbeit jetzt vollständig automatisieren. Zusätzlich installierte Sensorik liefert zu jeder Zeit aktuelle Informationen über das komplette System und ermöglicht somit die effiziente Steuerung des Fertigungsprozesses.
Welche Rolle der Mensch in der Fabrik der Zukunft einnimmt, untersucht das CCL nach dem Mensch-Technik-Organisation-Ansatz. In den Modellfabriken der HAW und in den Fertigungen der Industriepartner entstehen Lösungen, die den Menschen effizient und auf die jeweilige Aufgabe und Situation abgestimmt mit Informationen versorgen. Erweitert um zusätzliche Sensorik werden an den Maschinen alle relevanten Betriebszustände erfasst, um Wartungsprozesse zu optimieren und die Qualität der Fertigung zu steigern. Im Co-Creation-Ansatz entstand so beispielsweise eine Lösung, welche die Materialzuführung per Kamera an einer Anlage überwacht. Eine künstliche Intelligenz erkennt das Material und prüft wichtige, für den Produktionsprozess relevante, Eigenschaften. Erkennt das System dabei einen Fehler, wird der Anlagenbediener per Monitor und akustischem Signal gewarnt. Auf diese Weise wird spätere Nacharbeit oder Ausschuss vermieden.
Neue Technologien wie Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) werden in Zukunft Einzug auf den betrieblichen Hallenbogen halten. Sie erlauben es, dass Inbetriebnahmeprozesse mittels VR einfacher und intuitiver gestaltet werden. Im täglichen Arbeitsprozess versorgen VR-Lösungen den Werker oder Instandhalter mit aktuellen Informationen zum Anlagenzustand und können Bedienungs- und Wartungsanweisungen abgestimmt auf die aktuelle Arbeitssituation und -aufgabe benutzerzentriert ausspielen.
Damit speziell KMUs die Potentiale all dieser Konzepte und Technologien der Fabrik der Zukunft für sich erkennen und nutzen, agiert das CCL unter dem Motto „Digitalisierung erlebbar machen“. Unternehmen sind eingeladen, in den Modellfabriken, Laboren und Versuchsständen mittels aktueller Demonstratoren Konzepte für die Digitalisierung in ihren Fabriken kennenzulernen, selbst auszuprobieren und gemeinsam mit den Forschenden der Fabrik der Zukunft konkrete Konzepte für die Umsetzung in ihrem betrieblichen Alltag zu erarbeiten.
Im Transferverbund Saxony⁵ arbeiten die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften Sachsens interdisziplinär und vernetzt zusammen, um eine inhaltlich und methodisch neue Qualität im Wissens- und Technologietransfer und somit einen nachhaltigen Mehrwert für die Region Sachsen zu erreichen.
Saxony⁵ wird seit 2018 im Rahmen der Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule“ von BMBF und SMWK gefördert.