Fehlt der deutschen Forschung Selbstvertrauen?
Deutschland hat exzellente Forscher:innen – und trotzdem ein Problem. Nur wenige Forschungsergebnisse werden in die Praxis übersetzt. Die Wertschöpfung findet eher im Ausland statt. Fehlt es der deutschen Forschung an Biss?
Deutschland hat ein Wettbewerbsproblem. Die Grundlagenforschung ist in vielen Bereichen international führend, doch die Übersetzung in konkrete Produkte und die Wertschöpfung finden häufig im Ausland statt. Wie es gelingen kann, Innovationen im Land zu halten und zu fördern, erörterte Stefan Oelrich, Vorstandsmitglied der Bayer AG, mit Ulrike Köhl, Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie (IZI) und Direktorin des Instituts für Klinische Immunologie am Universitätsklinikum Leipzig, Heyo K. Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité – Universitätsmedizin Berlin, sowie Thorsten Lambertus, Geschäftsführer des Institute for Deep Tech Innovation an der ESMT Berlin. Petra Pinzler, Korrespondentin in der Hauptstadtredaktion der ZEIT, moderierte das Panelgespräch beim ZEIT für Forschung-Event am 12. Oktober 2023.
Spitzenforschung vom Ende her denken
Stefan Oelrich forderte konkrete Initiativen, um Zukunftstechnologien in Deutschland zu fördern. Zu oft würde noch festgehalten an den Industrien des 19. Jahrhunderts. „Die Politik entdeckt Biotech langsam“, so Oelrich. Während der Coronapandemie sei das Bewusstsein gewachsen, dass die Pharmaindustrie in Deutschland ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sei. Der Bayer-Vorstand weiter: „Mit politischem Willen kann man etwas bewegen, doch man muss es vom Ende her denken. Translation ist essenziell.“
Mit politischem Willen kann man etwas bewegen, doch man muss es vom Ende her denken. Translation ist essenziell.
Stefan Oelrich, Vorstandsmitglied der Bayer AG
Institutsleiterin Köhl betonte, dass es einen Kulturwandel brauche: „Wenn in den USA ein Unternehmer gründet und das schiefgeht, dann ist er ein paar Tage traurig – und gründet dann wieder.“ Diese Mentalität vermisse sie in Deutschland. Zudem hält sie Forschungscluster und eine disziplinenübergreifende Zusammenarbeit für wichtige Voraussetzungen, um Deutschland international wettbewerbsfähig zu halten. Kroemer legte einen besonderen Fokus auf zwei grundlegende Rahmenbedingungen für Spitzenforschung in Deutschland: den demografischen Wandel und die Investitionen in Infrastruktur. Lambertus berichtete, wie die ESMT Berlin Menschen dabei unterstützt, Start-ups zu gründen und ihre Ideen in Geschäftsmodelle zu übersetzen: „Wir brauchen Rollenvorbilder in Deutschland und der EU.“
Das vollständige Gespräch sehen Sie hier: