Impulse des Monats – von Gedanken, Gefahren und Motivation
Aus welchen Ideen können Innovationen werden, die unser Miteinander verändern? Und was können Unternehmen, Politik und Zivilgesellschaft davon mitnehmen? Drei vielversprechende Ansätze aus der Forschung.
Trends kommen und gehen, das liegt in der Natur der Sache. Aber manchmal kann aus einem Trend echter Wandel werden, der langfristig für Veränderung sorgt. Das ist vor allem dann der Fall, wenn ganze Branchen und weite Teile der Gesellschaft von einer Veränderung profitieren. In dieser Reihe stellen wir einmal im Monat genau solche Lösungen vor: drei Initiativen, Ideen, Gründungen oder Forschungsergebnisse, die inspirieren und das Zeug für mehr haben.
Den Rollstuhl mit den Gedanken steuern
Dank der Erfindung von Forscher:innen der University of Texas at Austin könnten Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, ihr Gefährt zukünftig mithilfe ihrer Gedanken bewegen. Das Team um José del R. Millán entwickelte eine mit Elektroden ausgestattete Kappe. Diese analysiert Hirnströme und wandelt Signale aus dem Elektroenzephalogramm (EEG) in Kommandos zur Bewegung des Rollstuhls um. Solche Gehirn-Maschinen-Schnittstellen zu mit Gedanken gesteuerten Rollstühlen wurden zwar seit Jahren erforscht, „aber bei den meisten Projekten wurden nicht behinderte Personen einbezogen oder solche Stimuli verwendet, mit denen das Gerät die Person kontrolliert und nicht umgekehrt“. José del R. Millán und seine Mitarbeiter:innen beschreiben in ihrer Studie hingegen, wie sie ihre Erfindung an Menschen mit Tetraplegie testeten – einer weitreichenden Querschnittslähmung, die sowohl Arme und Beine betrifft. Dazu mussten sich die Studienteilnehmer:innen zunächst bildlich vorstellen, wie sie den Rollstuhl mit ihren Armen und Beinen bewegen würden. Dabei identifizierten die Forscher:innen diese Vorstellungen in den Hirnströmen – mit ihnen steuerten die Fahrer:innen den Rollstuhl. Dank spezieller Sensoren, die permanent die Umgebung scannen, ist sichergestellt, dass das Gefährt stets sicher unterwegs ist.
Waldbrände früher erkennen
Der Sommer 2022 war ein Rekordsommer, besonders in negativer Hinsicht: Knapp 4300 Hektar Wald sind in diesem Jahr in Deutschland abgebrannt. Die Fläche entspricht ungefähr dem Fünffachen des jährlichen Durchschnittswertes, gibt der Deutsche Feuerwehrverband an. Dessen Präsident Karl-Heinz Banse ist davon überzeugt, dass sich das Feuerrisiko durch einen Umbau des Waldes verringern lässt. Überdies könnten technische Lösungen das Risiko verringern: ADELIE (Alert, Detection and Localization of Forest Fires) etwa ist ein automatisiertes Waldbranderkennungssystem des französischen Unternehmens Paratronic. Es besteht aus zwei 360-Grad-Kameras, die an unterschiedlichen Stellen oberhalb des entsprechenden Waldes installiert werden. Sie schießen alle zehn Sekunden Bilder, die mithilfe eines Algorithmus miteinander verglichen werden. Veränderungen wie Rauchwolken sollen so schnellstmöglich entdeckt werden und einen Alarm auslösen. Durch der Aufnahmen lässt sich außerdem der Ursprung des Feuers eingrenzen und dessen Ausbreitung analysieren.
Rehabilitation in der virtuellen Welt
Forscher:innen der James Cook University im australischen Townsville wollen Menschen mit einem Schädel-Hirn-Trauma helfen. „Derzeit besteht die größte Herausforderung darin, die Betroffenen derart zu motivieren, dass sie die Therapie konsequent mitmachen“, erklärt Projektleiter Shou-Han Zhou. Hierfür arbeiten die Forscher:innen mit Methoden der Virtual Reality und einem Gamification-Ansatz. Nutzer:innen bekommen ein sogenanntes Exoskelett für den Arm. Es misst die Armbewegung und erkennt anhand der Intensität dieser Bewegung die Motivation des oder der Patient:in. Bei geringer Bewegung – und damit mutmaßlich fehlender Motivation – unterstützt die Prothese die Bewegung. Damit soll die Motivation der Patient:innen gestärkt und Erfolgsmomente geschaffen werden. Ein Anreiz dafür, die Therapie fortzusetzen. Potenziale für die Anwendung sieht Projektleiter Zhou ebenfalls bei Menschen, die einen Herzinfarkt erlitten haben oder von Parkinson betroffen sind.