Mega-Diagnostik mit Nano-Poren
AnzeigeNeue Technologien für die medizinische Diagnostik sind ein zentrales Forschungsgebiet an der Hochschule Furtwangen. Seit Kurzem kommen dabei auch ganz kleine Löcher zum Einsatz, sogenannte Nanoporen.
Die medizinische Diagnostik und ihre Technologien haben in den letzten Jahrzehnten einen gewaltigen Innovationschub erfahren. Einen großen Anteil daran hatte das Humane Genom Projekt, das 2003 mit der vollständigen Entschlüsselung des menschlichen Genoms endetet. Heute ist allerdings klar, dass die bahnbrechenden Erkenntnisse aus diesem Projekt auch erst der Startschuss waren, besser zu verstehen, wie die mehr als 37 Billionen (!) Zellen des menschlichen Körpers erfolgreich zusammenarbeiten.
In enger Zusammenarbeit mit Ingenieurwissenschaftlern wird aktuell intensiv an sogenannten Nanoporen geforscht, in die weltweit große Hoffnungen bei der Entwicklung neuer diagnostischer Werkzeuge gesetzt werden. Nanoporen sind künstlich geschaffene Löcher mit einem Durchmesser im Bereich von Milliardstel Metern (Nanometern), mit denen im kleinsten Maßstab diagnostisch relevante Moleküle bis hin zu Zellen von mikrobiellen Krankheitserregern wie Bakterien oder Viren identifiziert werden können. Durch den Einsatz von spezifischen Nanoporen könnte die Diagnostik von Krankheiten wie Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson oder Morbus Huntington erheblich verbessert werden, z.B. durch deutlich kürzere Analysezeiten.
An der HFU widmen sich die Doktoranden Andreas Krames und Oliver Riester dem Einsatz von Nanoporen zum Nachweis von Bakterien, insbesondere solchen mit Resistenzen gegen Antibiotika.
Weltweit stieg der Antibiotikaverbrauch in den vergangenen 15 Jahren um rund 65 Prozent an. Bis 2030 könnte der Gesamtverbrauch auf bis zu 200 Prozent steigen. Parallel dazu steigen auch die Antibiotikaresistenzen von Krankheitserregern. Dem Robert-Koch-Institut zufolge erkranken in der EU jährlich ca. 670.000 Menschen an Infektionen, die durch antibiotikaresistente Erreger hervorgerufen werden, ca. 33.000 Menschen versterben jährlich daran. Aktuellen Prognosen zufolge wird es bis 2050 über 10 Millionen Todesfälle im Zusammenhang mit multiresistenten Keimen geben. Mit Hilfe von Nanoporen könnte es möglich werden, die für Antibiotikaresistenzen verantwortlichen Proteine einer Zelle schnell und empfindlich nachzuweisen, und so Bakterien viel schneller als bisher als resistent zu klassifizieren. Neben der Nanoporentechnologie werden an der HFU noch andere elektrochemische Methoden zur Resistenztestung erforscht und angewendet.
Eine weitere medizinisch höchst relevante Gruppe von Bakterien, deren Diagnostik durch den Einsatz von Nanoporen erheblich verbessert werden könnte, sind Borrelien. Borrelien werden durch Zeckenbisse übertragen und können im Menschen Lähmungen und schwere Gelenkentzündungen hervorrufen (Borreliose). Als Folge der globalen Erwärmung breiten sich mit Borrelien infizierte Zecken auch in Deutschland immer weiter aus. Eine frühere und bessere Diagnostik könnte helfen, Infektionen beim Menschen früher zu erkennen und eine passende Behandlung, z.B. mit Antibiotika, einzuleiten.
Medizinische Fragestellungen faszinieren mich seit Beginn meines Studiums an der HFU. Jetzt promoviere ich zu Antibiotikaresistenzen und Nanoporen. An der HFU schätze ich die familiäre Atmosphäre und die tolle technische Ausstattung im Bereich Life Science Analytik.
Andreas Krames, Doktorand an der Hochschule Furtwangen
Diese beiden Beispiele zeigen, dass die HFU aktuelle Fragestellungen mit modernen und interdisziplinären Forschungsansätzen verbindet und wertvolle Beitrag für eine effektive und praxisnahe medizinische Diagnostik liefert. Molekulare medizinische Diagnostik ist daher auch wichtiger Lehrinhalt von Studiengängen der Fakultät Medical and Life Sciences. In den Bachelorstudiengängen „Molekulare und Technische Medizin“ und „Angewandte Biologie“ sowie in den Masterstudiengängen „Precision Medicine Diagnostics“ und „Technical Physician“ werden spannende Inhalte aus Fächer wie Genomik, Proteomik und Metabolomik vermittelt.