Mit Volldampf in die Energiewende
AnzeigeGanz viel Platz für kreative Köpfe, innovativen Ingenieursgeist und erfolgreichen Wissenstransfer bietet das Co-Creation Lab CELSIUZ an der Hochschule Zittau/Görlitz.
Ein Beitrag aus dem Themenschwerpunkt „Zukunftsfragen der Forschung“.
Wenn man sowohl mehr Dampf für die Energiewende als auch sichere stabile Stromzufuhr trotz volatiler erneuerbarer Energien will, braucht es die Fertigkeiten vieler Gewerke. Dafür steht an der Hochschule Zittau / Görlitz (HSZG), hinter den alten Backsteinmauern der ehemaligen Textilwerke in Zittau, das CELSIUZ. Dort, wo einst Spule um Spule hochwertigsten Nähgarns vom Band lief, ist nun ein Ort entstanden, wo Zukunft Raum gegeben wird. Es bietet einen gedanklichen wie auch physischen Ort für die gemeinsame Projektarbeit des Co-Creation Labs „Versorgungsinfrastruktur“ im Projekt Saxony⁵, dem Transferverbund der fünf sächsischen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften.
Der besondere Schwerpunkt der Versorgungsinfrastruktur im Projekt Saxony⁵ lässt sich gut unter folgender Fragestellung zusammenfassen: „Wie sichern wir in Zukunft die Versorgung der Haushalte, Unternehmen und Kommunen mit Strom, Wärme, Wasser und Internet?“ Unsere Gesellschaft steht ganz aktuell vor der Herausforderung, den Strom aus Wind und Sonne zwischenspeichern zu müssen, damit die Energiewende weg von fossilen Brennstoffen gelingen kann. Neben Batteriespeichern und dem neu entstehenden Industriezweig der Wasserstoffwirtschaft, ist der altmodische Dampf, der schon die Industrialisierung im 18. Jahrhundert in Fahrt gebracht hat, ein Kandidat, der mehr als einen kurzen Blick lohnt.
Zur Sektorenkopplung von Wärme und Strom hatte Sebastian Braun, Ingenieur an der HSZG, einen Geistesblitz, der nun auf dem Weg ist, sich mithilfe Stahls und Wassers real in der Welt zu manifestieren. Denn mehr Materie braucht es nicht. Alles andere ist alte Handwerkstradition der Firma Spilling aus Hamburg und innovativer Ingenieursgeist der Zittauer Forscher, um einen der weltweit ersten thermomechanischen Speicher, die „TMS-Batterie“, gemeinsam zu bauen, experimentell zu untersuchen und zu optimieren. Die Ein- und Ausspeicherung der elektrischen Energie kann sehr flexibel erfolgen. Zudem ist die TMS-Batterie in der Lage, verfügbare überschüssige Wärmeenergie einzuspeichern und bei Bedarf als Strom oder Wärme wieder abzugeben. Damit eignet sie sich zur Kopplung unterschiedlicher Energiesektoren. Der Prototyp wurde gerade frisch in Zittau angeliefert und findet für die Forschung in den nächsten Jahren im Zittauer Kraftwerkslabor an der Versuchsanlage THERESA seine Heimat.
Am großen Leitstand im CELSIUZ kann das Team dann berechnen, simulieren und visualisieren. Es wird durchgespielt, ob und wie die gefundenen Lösungen zusammen funktionieren. Das wiederum, so Professor Zschunke, Leiter des Co-Creation Labs, „lasse sich nicht nur für technische Belange nutzen, sondern auch für gesellschaftliche Situationen durchspielen“. Überhaupt beschränken sich die möglichen Projekte nicht nur auf die Ingenieurswissenschaften. „Das CELSIUZ ist Gedankensammelpunkt und Experimentierstube für Forscher*innen, Unternehmer*innen und alle, die gemeinsam nach guten Lösungen für komplexe Herausforderungen suchen. Hier findet man modernste Simulationstechnik, guten Kaffee und alles was man sonst noch braucht, um den Problemen von morgen schon heute innovativ zu begegnen“, sagt Martin Kunack, Standortmanager der HSZG im Transferverbund.
Um der wichtigen Geschichte der Mandau-Höfe für Zittau gerecht zu werden und viele Bürger*innen mit in die Welt der Versorgungsinfrastruktur zu nehmen, bereitete das Projektteam eine computeranimierte Lichtinstallation gemeinsam mit dem international renommierten „Stroy-Studio“ aus dem nahen Liberec, Tschechien, vor.
Vor über 100 Jahren begann die Tradition des Gebäudes. Hier stellten einst über Tausend Menschen unter anderem Gespinste aus Baumwolle und Nähzwirn her. Über einen Zeitungsaufruf wurden Dokumente zur Geschichte des charmanten Backsteingebäudes gesucht und erfolgreich aufgespürt. So führte der ehemalige Direktor durch eine geschlossene Sammlung und schenkte dem Team Garne aus verschiedenen Epochen. Die vielen Impressionen verarbeitete das Stroy-Team zu einer Collage, die mithilfe hochleistungsfähiger Beamer ab Anbruch der Dunkelheit auf die Fassade des Eingangs projiziert wurde.
Projizieren konnten auch verschiedenste Zuschauergruppen ihre Erinnerungen, Fantasien und Ideen in die teils abstrakten, zum Teil auch originalgetreuen Bilder. Von den Anfängen in der Industrialisierung bis in die Gegenwart, dem Co-Creation Lab, wo nun Ideen gesponnen und umgesetzt werden, die die Sicherheit unserer kritischen Versorgungsinfrastruktur verbessern.
Auch für die Ingenieurskunst hinter dem TMS laufen schon wieder die Vorarbeiten, um die technischen Innovationen in besonderen Bildern einzufangen und vielen verschiedenen Bevölkerungsgruppen einen plastischen Zugang zur Forschung durch Wissenstransfer zu ermöglichen. Es lohnt sich also immer, mit guten Ideen auf einen Kaffee im CELSIUZ der Hochschule Zittau / Görlitz vorbeizuschauen.
Im Transferverbund Saxony⁵ arbeiten die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften Sachsens interdisziplinär und vernetzt zusammen, um eine inhaltlich und methodisch neue Qualität im Wissens- und Technologietransfer und somit einen nachhaltigen Mehrwert für die Region Sachsen zu erreichen.
Saxony⁵ wird seit 2018 im Rahmen der Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule“ von BMBF und SMWK gefördert.