ZEIT für X
Grüne Wiese und blauer Himmel

Nachhaltigkeit als Prinzip

22. April 2021
Ein Beitrag von Studio ZX.

Zukunftsmotor Bioökonomie: Wertschöpfung, die auf Nachhaltigkeit beruht, ist das Gebot der Stunde. Durch den Einsatz innovativer Materialien und Verfahren bereitet die Forschung den Boden für ein zukunftsfähiges Wirtschaften – ob mit Mikroalgen für Nahrungsmittel, dezentralen Ökostrom-Netzen oder Laufschuhen aus Spinnenseide.

von Kristina v. Klot

Ein Beitrag aus dem Themenschwerpunkt „Aufbruch ins grüne Zeitalter“.

Forschung im Namen der Bioökonomie hat alle Lebensbereiche im Visier: Mal geht es um die Herstellung von Bio-Pharmaprodukten, bei der mit Tabakpflanzen als Bioreaktoren experimentiert wird, mal um Funktionsjacken, für die Fasern aus recyceltem Kaffeesatz entwickelt wurden. Sei es, dass Apfeltrester als Fleischersatz zum Einsatz kommt oder dass man daran arbeitet, in Notunterkünften anstelle von Alu-Feldbetten, die sich nur schwer entsorgen lassen, kompostierbare Feldbetten aus Wellpappe aufzustellen. Gemeinsamer Nenner aller Projekte ist eine ressourcenschonende Wertschöpfungskette und der Einsatz nachwachsender Rohstoffe. Schließlich gilt heute als zentrales Kriterium für Innovation, dass auch die ökologischen Kosten der Produktion Eingang finden in die ökonomische Bilanz. Um den Ausstoß von Treibhausgasen zu minimieren und natürliche Kreisläufe zu erhalten, ist das langfristige Ziel die Transformation von einer fossilen zu einer biobasierten Ökonomie.

Kopplung chemischer und biologischer Prozesse

Wolke
© Jan Paschetag Deutschland gilt auf dem Gebiet der biobasierten Ökonomie europaweit als Pionier.

Deutschland gilt auf diesem Gebiet als Pionier. Bereits 2010 hatte die Bundesregierung einen Vorläufer zur „Nationalen Bioökonomiestrategie“ von 2020 formuliert – im „Wissenschaftsjahr der Bioökonomie“, das sich 2021 fortsetzt. Hochschulen und Institute arbeiten in unterschiedlichen Fächern daran, das Wissen um biologische Vorgänge technologisch nutzbar zu machen. Ob es unter dem Stichwort „Balance of the Microverse“ um das Feld der Mikrobiomforschung geht (Uni Jena), um Robotik für nachhaltige Nutzpflanzung (Uni Bonn) oder um bioinspirierte Materialsysteme (Uni Freiburg): Nicht nur Exzellenzcluster wie diese verfolgen den Anspruch, chemische und biologische Prozesse zu koppeln.

Um Pflanzengesundheit dreht sich ein Schwerpunkt am Bioeconomy Science Center (BSC) in Nordrhein-Westfalen. Hier arbeitet ein Team aus Expertinnen und Experten der Biotechnologie, Polymerchemie, Pflanzenwissenschaft, Mikrobiologie und Ökonomie an der „greenRelease-Technologie“. Die Frage lautet, wie sich in der Landwirtschaft Fungizide und Herbizide effektiv reduzieren lassen. Bei der Bekämpfung der Apfelschorfkrankheit ist das Team mit dem Einsatz biologisch abbaubarer Mikrogele bereits erfolgreich. Nährstoffreiche Alternativen zu Schweine- und Rinderfleisch, die aus Pflanzen, Insekten, Pilzen und Algen bestehen, entwickelt „FutureProteins“ unter Führung von sechs Fraunhofer-Instituten. Weil infolge des Klimawandels Proteinquellen weltweit zum knappen Gut werden, werden Nahrungsmittel, die wenig Wasser, Düngemitteln, Pestizide und Antibiotika brauchen, immer wichtiger. Im Zentrum des Projekts stehen vier in sich geschlossene Anbausysteme: das „Vertical Farming“ für Pflanzen, „Insect Farming“ für Insekten, Bioreaktoren für Pilze sowie Foto­bioreaktoren für Algen. Analysen der Energie-, Abfall- und Abwasserströme sollen neue ressourcenschonende Kreisläufe ermöglichen.

Insekten, Pilze und Algen als Fleischersatz

Künstliche und menschliche Intelligenz ist in der Planung kreislaufförmiger Energienetze der Zukunft gefragt. So untersucht das Deutsche Biomasse Forschungszentrum (DBFZ), wie sich die rasant wachsende Zahl kleiner Biogas-, Solar- und Windkraftanlagen mit KI dezentral koordinieren lässt. Zudem sollen Verbraucher künftig auch zu Co-Produzenten werden, zum Beispiel um selbst produzierten Ökostrom ebenfalls ins Netz einspeisen zu können.

Verbraucher, die künftig zu Co-Produzenten werden

Die Bandbreite von umweltfreundlicher Wärmegewinnung bis zur Entwicklung von Rapsöl für Motoren deckt das bayerische Technologie- und Förderzentrum (TFZ) ab, das Teil des Kompetenzzentrums für nachwachsende Rohstoffe in Straubing (KoNaRo) ist.

Wie bioökonomische Konzepte die Textilforschung beeinflussen, spiegelt nicht zuletzt der Erfolg der AMSilk-GmbH: Als weltweit erstes Biotech-Unternehmen entwickelte das ehemalige Spin-off der TUM ein patentiertes Verfahren rund um industriell produzierte synthetische Seiden-Biopolymere, die leicht, robust und atmungsaktiv dem Faden der Gartenkreuzspinne nachempfunden ist. Eingesetzt wird die Biosteel-Faser für Silikonimplantate, chirurgische Netze und Biosensoren, aber auch für Kosmetik oder Textilien – und nicht zuletzt für Laufschuhe. Ein Beispiel, wie man mit Technologie für das Konzept der Bioökonomie begeistern kann.