Von der Forschung in die Selbstständigkeit: Gründung als Karriereziel
AnzeigeIm Hochschulbereich wird die sogenannte Third Mission immer wichtiger. Hierbei bringen Forschende ihre Erkenntnisse in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ein.
Ein Beitrag aus dem Themenschwerpunkt „Transfer und Innovation“.
Eine Möglichkeit, um gesellschaftlichen Nutzen zu erzielen, ist die Unternehmensgründung aus der Wissenschaft. Aus Forschungserkenntnissen werden Geschäftsideen und neue Karriereperspektiven: das Unternehmertum. Die Ruhr-Universität Bochum ist mit ihrer WORLDFACTORY eines von sechs geförderten Exzellenz Start-up Centern in NRW. Dabei unterstützt sie Forschende und Studierende, wissenschaftsbasierte Gründungsvorhaben aufzubauen und umzusetzen. Alexander Kanitz ist den Weg von der Forschung ins Unternehmertum am WORLDFACTORY Start-up Center bereits gegangen. Der Wissenschaftler ist Co-Founder von LIDROTEC, einer Ausgründung des Lehrstuhls für Laseranwendungstechnik der Ruhr-Universität Bochum. Gemeinsam mit seinen Mitgründern entwickelte er ein Verfahren zur Mikromaterialbearbeitung mittels ultrakurzen Laserpulsen und Flüssigkeiten. Durch die Technologie können Materialien mit Schnittspaltbreiten präzise geschnitten werden. Die Technik reduziert deutlich den Ausschuss, der normalerweise bei der Produktion entsteht. Die Idee zur Gründung ist aus der Forschung der Wissenschaftler entstanden. Im Interview spricht Kanitz über Motivation, Impact und Unterstützungsmöglichkeiten bei der Hochschulgründung.
Was hat Sie persönlich veranlasst, aus Wissenschaft heraus zu gründen?
Ich wollte Forschungsinnovationen nicht im Elfenbeinturm der Wissenschaft belassen, sondern zu den Menschen tragen und daraus ein Produkt machen. Dieses sollte das Potential haben, das Leben vieler auf dem Planeten zu verbessern.
Warum ist die Selbstständigkeit für Forschende eine gute Option?
Die Gründung bietet viele Möglichkeiten, gesellschaftlichen Impact zu erzielen und aus der Forschung heraus verbesserte oder innovative Produkte zur Lösung echter Probleme zu entwickeln. Das kann sehr erfüllend sein. Außerdem bietet sie jenseits befristeter Forschungsverträge eine langfristige Perspektive. Aus meiner Sicht bringen Forschende zusätzlich wertvolle Qualifikationen mit, die auch erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer auszeichnen: Ausdauer, Frustrationstoleranz, ein guter Umgang mit Unsicherheit und Ideenreichtum – um einige zu nennen. Das kann eine gute Basis für eine Gründung sein. Doch jeder Forschende sollte sich vorher genau überlegen, ob eine Selbstständigkeit für sie oder ihn infrage kommt. Denn mit dem Unternehmertum geht Verantwortung einher und diese muss getragen werden wollen.
Apropos Impact bei der Gründung: Was braucht es Ihrer Meinung nach dazu?
Um einen möglichst großen Impact zu erzielen, ist ein starker gesellschaftlicher Nutzen wichtig. Im Vorfeld sollte man sich genau überlegen, mit welchem Nutzen und in welchen Industrien die Forschungsidee eingesetzt werden kann und die Hypothesen durch viele Gespräche und Tests überprüfen. Zum anderen ist beim „Impact“ auch Geschwindigkeit gefragt, denn die Innovationen müssen schnell in die Welt gebracht werden. Hier können universitäre Start-up Center helfen. Sie bündeln viele Kompetenzen und Netzwerke an einem Ort und können übergreifend und umfassend beraten. Die WORLDFACTORY hat uns beispielsweise bei der Businessplanerstellung unterstützt und uns wertvolle Kontakte zu Mentorinnen und Mentoren sowie Förderern vermittelt. So konnten wir mit unserer Forschungsidee schnell Fahrt aufnehmen.
Wie wichtig sind Förderungen und Stipendien bei der Gründung?
Insbesondere für hochriskante Gründungen und Hochschulgründungen, die lange Entwicklungszeiten benötigen, sind Stipendien und Drittmittel wie beispielsweise der EXIST-Forschungstransfer, das EXIST-Gründerstipendium oder der Start-up Transfer.NRW sehr wichtig. Sie bieten genügend Unterstützung und finanzielle Ressourcen, um ein Produkt zu entwickeln, den Market-Fit zu finden, die Idee mit stark reduziertem Risiko auf Funktion zu testen und erste Kunden zu akquirieren.
Welche Tipps können Sie Gründungsinteressierten bei der Beantragung der Fördermittel geben?
Das wichtigste ist eine gute Vorbereitung. Gründungsinteressierte sollten genau wissen, wie sie die Fördergelder und die Zeit einsetzen möchten. Zweitens finde ich es persönlich wichtig, dass sich alle Teammitglieder vor Beantragung klar auf den Gründungsweg festlegen. Es sollte allen klar sein, dass danach ein Vollzeitjob beginnt, bei dem man nicht einfach mal nebenbei promovieren oder Professorin oder Professor werden kann. Und drittens sollten Gründerinnen und Gründer entweder selbst im Antragsschreiben versiert sein oder jemanden kennen, der sich im Beantragungsprozess auskennt. Denn das macht das Verfahren wesentlich angenehmer und einfacher. Wir haben unseren Antrag für den EXIST-Forschungstransfer mit der Unterstützung der WORLDFACTORY Start-up Coaches geschrieben. Dank ihrer jahrelangen Erfahrung kennen sie sich bestens aus und haben viele Tipps parat, was die Inhalte, Themen und Formulierungen betrifft. Davon konnten wir enorm profitieren.
Informationen
Das WORLDFACTORY Start-up Center (WSC) ist die zentrale Anlaufstelle rund um Gründung und Transfer an der Ruhr-Universität Bochum und eines von sechs Exzellenz Start-up Centern in NRW. Es begleitet und unterstützt gründungsinteressierte Studierende und Forschende dabei, gesellschaftsrelevante Forschungsideen in langlebige Geschäftsmodelle zu übersetzen und in die Welt zu bringen.
Hierfür bietet das WSC ein vielfältiges, modulares Beratungs-, Lehr- und Veranstaltungsangebot sowie Coworking- und Experimentierflächen für die Produktentwicklung und Zusammenarbeit. Dazu gehört auch der RUB Makerspace. Mit einer Fläche von über 1.800 Quadratmetern zählt er zu einer der größten universitären und öffentlich zugänglichen Hightech-Werkstätten Deutschlands.
Kontakt
WORLDFACTORY Start-up Center
Ruhr-Universität Bochum
Universitätsstraße 150
44801 Bochum
E-Mail: marc.seelbach@uv.rub.de
Telefon: (0234) 32 22477
www.worldfactory.de