Endlich grüner – so müssen Unternehmen sich wandeln
Über 30 Expert:innen aus Wissenschaft und Wirtschaft setzen sich in einem neuen Buch mit den zentralen Ideen nachhaltigen Wirtschaftens auseinander. Wir haben Professor Dr. Maximilian Gege, dem die Festschrift gewidmet ist, zu großen Themen befragt.
Professor Dr. Maximilian Gege ist ein Urgestein der deutschen Umweltbewegung. Als Gründer und Vorsitzender des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management e. V. – kurz B.A.U.M. – hat er über 40 Jahre lang daran gearbeitet, das Thema Nachhaltigkeit in der Unternehmenswelt zu verankern. Das Buch „Vom betrieblichen Umweltschutz zur großen Transformation“, das nun zu Ehren seiner Verdienste erschienen ist, setzt sich damit auseinander, wie aktuelle Transformationskonzepte für zukunftsfähiges und klimaneutrales Wirtschaften aussehen können und sollten. Im Interview verrät er, welches Fazit er aus vier Dekaden Klimaengagement zieht.
Studio ZX: Herr Professor Gege, ein Kapitel in der zu Ihren Ehren erschienenen Festschrift heißt „Nachhaltigkeitsmanagement im Wandel der Zeit“. Der Lüneburger Wirtschaftsprofessor Stefan Schaltegger beschreibt darin den Weg dieses Themas, raus aus der Nische und in die Chefetagen. Was ist für Sie das größte Zeichen des Wandels?
Maximilian Gege: Nachhaltigkeitsmanagement ist im Mainstream angekommen. Mittlerweile kommt kein Unternehmen, egal welcher Größe und Branche, an einer konsequenten Umsetzung vorbei. Die Zeichen des Wandels zeigen sich konkret in zahlreichen und massiv zunehmenden Leuchtturmprojekten, verbindlichen Aussagen der Unternehmensleitungen zur Bedeutung der Nachhaltigkeit in ihren strategischen Überlegungen und der Erarbeitung von Nachhaltigkeitsberichten mit klaren Analysen und Zielvorgaben. Am Thema „Greenwashing“ müssen wir aber trotzdem noch intensiv arbeiten.
Professor Dr. Maximilian Gege gründete 1984 den Bundesdeutschen Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) e. V. Die Organisation beschäftigte sich als Erste in Europa damit, die Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit zu motivieren. Gege ist für seine Arbeit mit zahlreichen nationalen und internationalen Auszeichnungen, unter anderem dem Bundesverdienstkreuz, bedacht worden.
Der Klimaforscher Professor Dr. Mojib Latif nennt seinen Beitrag „Die Klimakrise: Der Lackmustest für die Weltpolitik“. Er bezieht sich auf eine Verfahrensbeschreibung aus der Chemie, die im übertragenen Sinn ein Ereignis meint, aus dem konkrete Rückschlüsse gezogen werden können. Was ist denn der Lackmustest im Hinblick auf eine Politik fürs Klima?
Professor Latif bewertet die Klimakrise als die zentrale Herausforderung für die Weltwirtschaft. Durch weltweiten intensiven Einsatz der erneuerbaren Energien, konsequente Nutzung der Energieeffizienz und das Sparen von Energie kann die Weltgemeinschaft beweisen, dass sie die Klimakrise erfolgreich bekämpft. So kann das 1,5-Grad-Ziel erreicht und Klimaneutralität in wenigen Jahrzehnten gesichert werden. Der Lackmustest bedeutet konkret: Wir haben alle Chancen und erforderlichen Technologien, müssen sie aber konsequent nutzen. Für viele Menschen ist der Begriff der Nachhaltigkeit immer noch schwammig und nicht geklärt. Für eine Leitidee der nachhaltigen Entwicklung benötigen wir ein umfassendes, politisch verbindliches Programm.
Christian Felber, der Begründer der Gemeinwohl-Ökonomie, sinniert über die Transformation „vom Bruttoinlandsprodukt zum Gemeinwohl-Produkt“. Ist dieser Weg der richtige?
Ich bewerte des Gemeinwohlprinzip absolut positiv. Es ist aber primär relevant für kleine und mittlere Unternehmen. International operierende Konzerne haben bei der Gemeinwohl-Ökonomie naturgemäß wegen Aktionärsinteressen und leider wenig nachhaltigen Wachstumsstrategien Umsetzungsprobleme und halten sich somit noch weitgehend fern. Der Mittelstand ist meist regional vernetzt, langfristig positioniert und sozial ausgerichtet. Er profitiert von der Gemeinwohl-Ökonomie.
Die Festschrift für Professor Dr. Maximilian Gege „Vom betrieblichen Umweltschutz zur großen Transformation“ ist Anfang Juli bei oekom erschienen.