ZEIT für X

Endlich grüner – so müssen Unternehmen sich wandeln

28. Juli 2022
Ein Artikel von Studio ZX.

Über 30 Expert:innen aus Wissenschaft und Wirtschaft setzen sich in einem neuen Buch mit den zentralen Ideen nach­haltigen Wirtschaftens auseinander. Wir haben Professor Dr. Maximilian Gege, dem die Fest­schrift gewidmet ist, zu großen Themen befragt.

von Kristina Kara, Studio ZX

Professor Dr. Maximilian Gege ist ein Urgestein der deutschen Umwelt­bewegung. Als Gründer und Vorsitzender des Bundes­deutschen Arbeits­kreises für Umwelt­bewusstes Management e. V. – kurz B.A.U.M. – hat er über 40 Jahre lang daran gearbeitet, das Thema Nach­haltigkeit in der Unter­nehmens­welt zu verankern. Das Buch „Vom betrieblichen Umwelt­schutz zur großen Transformation“, das nun zu Ehren seiner Verdienste erschienen ist, setzt sich damit auseinander, wie aktuelle Trans­formations­konzepte für zukunfts­fähiges und klima­neutrales Wirtschaften aussehen können und sollten. Im Interview verrät er, welches Fazit er aus vier Dekaden Klima­engagement zieht.

Studio ZX: Herr Professor Gege, ein Kapitel in der zu Ihren Ehren erschienenen Festschrift heißt „Nach­haltig­keits­management im Wandel der Zeit“. Der Lüneburger Wirtschafts­professor Stefan Schaltegger beschreibt darin den Weg dieses Themas, raus aus der Nische und in die Chefetagen. Was ist für Sie das größte Zeichen des Wandels?

Maximilian Gege: Nach­haltig­keits­management ist im Mainstream angekommen. Mittlerweile kommt kein Unternehmen, egal welcher Größe und Branche, an einer konsequenten Umsetzung vorbei. Die Zeichen des Wandels zeigen sich konkret in zahlreichen und massiv zunehmenden Leucht­turm­projekten, verbindlichen Aussagen der Unternehmens­leitungen zur Bedeutung der Nach­haltigkeit in ihren strategischen Überlegungen und der Erarbeitung von Nach­haltig­keits­berichten mit klaren Analysen und Ziel­vorgaben. Am Thema „Greenwashing“ müssen wir aber trotzdem noch intensiv arbeiten.

© Rainer Kant

Professor Dr. Maximilian Gege gründete 1984 den Bundes­deutschen Arbeits­kreis für Umwelt­bewusstes Management (B.A.U.M.) e. V. Die Organisation beschäftigte sich als Erste in Europa damit, die Wirtschaft zu mehr Nach­haltigkeit zu motivieren. Gege ist für seine Arbeit mit zahlreichen nationalen und inter­nationalen Auszeichnungen, unter anderem dem Bundes­verdienst­kreuz, bedacht worden.

Der Klimaforscher Professor Dr. Mojib Latif nennt seinen Beitrag „Die Klimakrise: Der Lackmustest für die Weltpolitik“. Er bezieht sich auf eine Verfahrens­be­schreibung aus der Chemie, die im übertragenen Sinn ein Ereignis meint, aus dem konkrete Rück­schlüsse gezogen werden können. Was ist denn der Lackmustest im Hinblick auf eine Politik fürs Klima?

Professor Latif bewertet die Klimakrise als die zentrale Heraus­forderung für die Welt­wirtschaft. Durch weltweiten intensiven Einsatz der erneuerbaren Energien, konsequente Nutzung der Energie­effizienz und das Sparen von Energie kann die Welt­gemeinschaft beweisen, dass sie die Klimakrise erfolgreich bekämpft. So kann das 1,5-Grad-Ziel erreicht und Klima­neutralität in wenigen Jahrzehnten gesichert werden. Der Lackmustest bedeutet konkret: Wir haben alle Chancen und erforderlichen Technologien, müssen sie aber konsequent nutzen. Für viele Menschen ist der Begriff der Nach­haltigkeit immer noch schwammig und nicht geklärt. Für eine Leitidee der nachhaltigen Entwicklung benötigen wir ein umfassendes, politisch verbindliches Programm.

Christian Felber, der Begründer der Gemeinwohl-Ökonomie, sinniert über die Transformation „vom Brutto­inlands­produkt zum Gemeinwohl-Produkt“. Ist dieser Weg der richtige?

Ich bewerte des Gemein­wohl­prinzip absolut positiv. Es ist aber primär relevant für kleine und mittlere Unternehmen. International operierende Konzerne haben bei der Gemeinwohl-Ökonomie naturgemäß wegen Aktionärs­interessen und leider wenig nachhaltigen Wachs­tums­strategien Umsetzungs­probleme und halten sich somit noch weitgehend fern. Der Mittelstand ist meist regional vernetzt, langfristig positioniert und sozial ausgerichtet. Er profitiert von der Gemeinwohl-Ökonomie.

Buchcover
© oekom

Die Festschrift für Professor Dr. Maximilian Gege „Vom betrieblichen Umweltschutz zur großen Transformation“ ist Anfang Juli bei oekom erschienen.