Hybrid Work – eine Frage von Werten und Kultur
AnzeigeAuch nach Corona werden wir hybrid arbeiten. Um erfolgreich zu bleiben, müssen Unternehmen ihre Kultur reflektieren und ihre Werte kommunizieren. Nur so können sie Vertrauen ausbauen.
Es gibt Veränderungen, die sich schleichend, fast unbemerkt vollziehen. Und dann gibt es Veränderungen, die brechen sich so plötzlich Bahn, dass selbst ihre Vorreiter:innen überrascht sind. Die Auswirkungen der Pandemie auf die Arbeitswelt sind solche Veränderungen. Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeitende sahen sich zeitgleich einer Herausforderung gegenüber, die uns alle seitdem beschäftigt: Hybrid Work.
Fest steht mittlerweile, die Ausnahmesituation hat sich verstetigt. Und das sogar mit bemerkenswerten Vorteilen für alle Beteiligten: Denn nicht nur die Produktivität konnte in vielen Bereichen gesteigert werden, auch das Vertrauen in hybrides Arbeiten hat sich auf Arbeitgeber- wie Arbeitnehmerseite merklich verbessert.
Hybrid Work steigert die Produktivität
Das liegt unter anderem an der neuen Selbstverständlichkeit, mit der mittlerweile auf allen Seiten mit den technischen Möglichkeiten umgegangen wird. Die Morgenbesprechung als Videokonferenz? Das Personalgespräch auf der heimischen Couch? Kein Problem.
Laut einer vom Softwareunternehmen Zoom beauftragten Studie kann sich hybrides Arbeiten unter Verwendung einer einheitlichen Kommunikationsplattform, wie etwa Zoom sie anbietet, für ein Unternehmen lohnen. Und zwar auch in harten Zahlen: Die von Forrester Consulting durchgeführte Studie konnte zeigen, dass die Produktivität einer beziehungsweise eines einzelnen Mitarbeitenden durch Hybrid Work wöchentlich um bis zu 52 Minuten gesteigert werden konnte. Zudem konnten in den befragten Unternehmen Absätze erhöht und die Fehlerbehebung im Bereich IT deutlich erleichtert werden. Die Studie beweist darüber hinaus, dass hybrides Arbeiten – mit der richtigen Technik – Unternehmen agiler und widerstandsfähiger macht.
Und auch wenn diese Zahlen auf einem US-amerikanischen Modell beruhen, lassen sich Parallelen zum europäischen Markt ziehen. Beispielsweise im Bereich der Kosten: Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft gehen allein die Einsparungen von Unternehmen durch die Reduzierung von Geschäftsreisen in die Milliarden.
Die Vorteile des hybriden Arbeitens lassen sich also sehr konkret quantifizieren, aber auch auf qualitativer Ebene ist Hybrid Work zum wichtigen Asset geworden. Studien zeigen, dass während der Covid-19-Pandemie die Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit gesteigert und die Zusammenarbeit der Mitarbeitenden deutlich verbessert werden konnte. Nach Umfragen aus dem Jahr 2020 möchte eine Mehrheit der befragten Arbeitnehmenden auch weiterhin flexibel arbeiten.
Doch zum hybriden Arbeiten gehört natürlich mehr als die technische Ausstattung. Um eine vertrauensvolle virtuelle Arbeitsumgebung schaffen zu können, sind permanente Anpassungen von Unternehmensseite nötig.
Herausforderungen hybrider Unternehmenskultur
Dreh- und Angelpunkt dieser Anpassungen ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Unternehmenskultur. Die Professorin für Unternehmensstrategie Johanna Bath ist Hybrid Advisor und coacht Verantwortliche für New Work in Unternehmen. Sie betont, wie wichtig es ist, die eigene Kultur zu reflektieren: „Diese Kultur sollte in Zeiten hybriden Arbeitens neu definiert werden.“ Ganz praktisch sind das Fragen nach dem Leitbild und den Werten: Wofür steht und arbeitet ein Unternehmen? Und daraus ergibt sich zugleich, dass es keinen „One size fits all“-Ansatz bei Hybrid Work geben kann: „Wichtig ist, dass es nicht die eine hybride Kultur gibt, sondern dass jede Firma sie selbst finden muss.“ Kultur wird gelebt durch Kommunikation, und Kommunikation wird getragen von Vertrauen. Wie lassen sich diese Aspekte aber nun hybrid umsetzen?
Johanna Bath ist Professorin für Strategie und Unternehmensführung an der ESB Business School in Reutlingen. Als Expertin zum Thema Hybrid Work berät sie Unternehmen zur Einführung und Optimierung von hybriden Arbeitsmodellen.
Kultur – Kommunikation – Vertrauen
Auch hybride Räume bedürfen einer Ausgestaltung. Statt in Konferenzräumen, am Kickertisch oder in der Kantine wird in hybriden Räumen über Meetings und Chat-Channels kommuniziert. Dabei sind die Themen und die Struktur vielfältig anpassbar. Ganz konkret lassen sich beispielsweise in einem auf Innovation angelegten Unternehmen virtuelle Expos veranstalten, zu denen jedes Teammitglied eine neue Produktidee pitchen kann. Ein kreatives Team könnte von einer Art virtueller Uni profitieren und Mitarbeitende aufrufen, ihre privaten Skills an ihre Teams weiterzugeben. Themen aus dem Leitbild könnten außerdem eigene Chat-Channels gewidmet werden, die mit Beispielen der Mitarbeitenden gefüllt werden. Auch regelmäßige Meetings zu bestimmten Themengebieten – on- und off-topic – helfen, strukturiert und zugleich niedrigschwellig Verbindungen im Team zu stärken und die Unternehmenskultur lebbar zu machen.
Doch damit solche Channels und Meetings ihr volles Potenzial entfalten können, ist eine ganz bewusste Kommunikation nötig. Johanna Bath weist auf die Herausforderung hin: „Als Führungskraft muss ich mir einfach klarmachen, dass in der Kommunikation mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine riesige Lücke entstanden ist.“ Sobald Menschen nicht mehr einen realen Raum teilen, wird es schwer, nonverbale Kommunikation zu lesen und alle Signale mitzubekommen. Kommunikation wird nuancierter, Führungskräfte müssen darauf reagieren, betont Bath, damit die von ihr angesprochene Lücke nicht mit einem Gefühl des Verlassenseins gefüllt wird.
Gerade bei räumlicher Distanz sei es wichtig, Nähe durch stete Kommunikation und Wertschätzung aufrechtzuerhalten. Arbeitsweisen, Bedürfnisse, KPIs sollten also möglichst direkt mit den einzelnen Mitarbeitenden abgesprochen werden. Letzten Endes wird so auch die Autonomie gestärkt, denn Autonomie funktioniert über Vertrauen. Und Vertrauen äußert sich – gerade im Kontext von Hybrid Work – über Verbindlichkeit. Pünktlichkeit, Ansprechbarkeit und Erreichbarkeit bilden die Basis, Zeit und Raum für Einzelkontakt mit den Mitarbeitenden ist der nächste Schritt. Auch hier geht es um ganz praktische Dinge: Geburtstage, das Erreichen persönlicher Ziele, Meilensteine, die gefeiert werden. Führungskräfte sollten dabei auch darauf achten, die Kommunikation nicht einseitig zu belassen. Eigene Fehler und Bedürfnisse zu teilen schafft ebenfalls Vertrauen.
Hybrid Work erfordert also eine neue Kultur, aber diese Kultur schafft Mehrwert – sowohl quantitativ als auch qualitativ.