Mit dem Labor in der Leitung Qualität produzieren statt kontrollieren
AnzeigeWissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der TH OWL arbeiten an den Produktionsanlagen für Getränke mit Echtzeitqualitätssicherung.
Ein Beitrag aus dem Themenschwerpunkt „Spitzenforschung“.
Forschende der TH OWL wollen die Produktion von Getränken wie Bier oder Fruchtsaft effizienter und produktschonender machen. Das Prinzip: Sensoren und moderne Informationstechnik in der Produktionsmaschine überwachen in Echtzeit nicht nur den Produktionsprozess, sondern auch das eigentliche Produkt in der Leitung. Die Unternehmen versprechen sich davon Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz. Im Institut für Lebensmitteltechnologie.NRW (ILT.NRW) der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den Produktionsanlagen der Zukunft.
Qualitätssicherung in Echtzeit: Bier ist gleichzeitig ein deutsches Kulturgut und ein Massenprodukt, doch seine Rohstoffe sind sensibel und unterliegen naturgegeben biologischen Schwankungen. Ein an der TH OWL entwickeltes Verfahren soll es ermöglichen, dank Künstlicher Intelligenz im Brauprozess auf Rohstoffqualitätsschwankungen reagieren zu können und so eine gleichbleibende Brauqualität zu gewährleisten.
Forschende des Instituts für Lebensmitteltechnologie.NRW (ILT.NRW) haben gemeinsam mit Mitarbeitenden des von Professor Dr. Volker Lohweg geführten Instituts für industrielle Informationstechnik (inIT) eine Anlage entwickelt, die täglich circa 150 Liter Maische produzieren kann. „Maischen ist ein klassischer Bestandteil des Bierbrauens und ein sehr komplexer Prozess, weil der Rohstoff Malz biologischen Ursprungs ist und es daher immer wieder zu Variationen kommen kann. Diese lassen sich nur mit komplexer Laboranalytik erkennen“, erklärt Professor Dr.-Ing. Jan Schneider, Projektleiter und Leiter des ILT.NRW. Die in der TH OWL entwickelte Anlage soll weitgehend ohne Eingreifen des Menschen automatisch auf solche Veränderungen reagieren können – zum Beispiel, wenn sie erkennt, dass sich beim Brauen zu viel oder zu wenig Zucker bildet. „Wir wollen das Labor in die Produktionsmaschinen bringen“, formuliert Professor Schneider das Ziel.
Das innovative System soll die Qualitätsparamter in Laborqualität bereits im Prozess präzise, sicher und effizient bestimmen, indem es mit Hilfe von Maschinendaten und hochsensiblen Sensoren ein „virtuelles Abbild“ des Produktes generiert. Mit dessen Hilfe können die Forschenden Produktions- und Qualitätseigenschaften in Echtzeit vorhersagen. Das macht den Prozess kontinuierlich kontrollierbar und Qualität gezielt steuerbar. Im Ergebnis könnten Hersteller später auf eine aufwändige Laboranalytik verzichten, deren Ergebnisse erst nach dem eigentlichen Prozess zur Verfügung stehen und daher im Prozess nicht mehr nutzbar sind.
Die Demonstratoranlage „Smart Mashing Plant“ der TH OWL soll basierend auf Industrie 4.0 jederzeit auf Veränderungen reagieren können. Dafür sammelt und fusioniert die Maischeanlage Maschinen- und Sensordaten in einem zusammen mit der NTT Data entwickeltem System, das sowohl lokal an der Produktionsanlage als auch dezentral in einer Cloud ausgeführt werden kann. Die Auswertung der Daten basiert auf „Machine Learning“-Strategien, wodurch multidimensionale Daten im Bruchteil von Sekunden analysiert werden können. Steuerungsparameter berechnet durch „Machine Learning“- Algorithmen können dann genutzt werden, um die Anlage zu regeln. „Wir sind jetzt mit Hard- und Software in der Lage, eine unglaublich große Menge an Daten zu sammeln, zu speichern und zu nutzen“, bilanziert Patrick Wefing, Doktorand am ILT.
Das Projekt verspricht Wettbewerbsvorteile für Lebensmittelproduzierende sowie für maschinen- und anlagenherstellende Unternehmen. Vorhandene Anlagenkapazitäten können effizienter genutzt, Fehlchargen früher erkannt und das Endprodukt kann in Echtzeit freigegeben werden, weil die Qualitätskontrolle schon während des Herstellungsprozesses stattgefunden hat. Darüber hinaus ergibt sich aus einer solchen smarten Prozessführung auch ein positiver Einfluss auf die Umweltbilanz von lebensmitteltechnologischen Produktionsprozessen: Ressourcen können geschont werden und Prozesse können mit weniger Energieaufwand betrieben werden.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt mit rund 1,2 Millionen Euro. Neben dem Institut für Lebensmitteltechnologie.NRW (ILT.NRW) sind das Institut für industrielle Informationstechnik (inIT) und die betrieblichen Partner Dr. Oetker, Riha Wesergold, NTT Data, Polytec und GEA beteiligt.
Die „Smart Mashing Plant“-Demonstratoranlage ist eins von mehreren Forschungsprojekten der Initiative smartFoodTechnologyOWL. In dieser Partnerschaft arbeitet die TH OWL mit Partnerinnen und Partnern aus Industrie, Handwerk, Handel und weiteren Forschungseinrichtungen zusammen. Erklärtes Ziel ist, mit dem Netzwerk aus Forschung und Wirtschaft die Potenziale von Digitalisierung und Industrie 4.0 für die Lebensmittelwirtschaft zu nutzen. Im Ergebnis soll das die Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher erhöhen, die Qualität und Produktsicherheit von Lebensmitteln verbessern, Produktionsprozesse nachhaltiger und wirtschaftlicher machen und die Wettbewerbsfähigkeit der Lebensmittelindustrie stärken.
Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 03FH3M1IA gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor.
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Kreativ, Innovativ, Nachhaltig:
Rund 6.600 Studierende legen aktuell an der TH Ostwestfalen-Lippe den Grundstein für ihre Karriere. Markenzeichen der Hochschule ist die enge Zusammenarbeit mit den lokalen Spitzenunternehmen, der Praxisbezug und die exzellente Lehre.
Ausgezeichnet studieren: Die TH OWL belegt mit Ihren Studiengängen regelmäßig Spitzenplätze beim CHE-Ranking und zählt laut dem Studienportal „StudyCHECK“ beim Digital-Ranking zu den zehn besten Hochschulen in Deutschland. Studieninteressierte können aus einem breiten Studienangebot von über 60 Bachelor- und Masterstudiengängen mit international anerkannten Abschlüssen auswählen. Bei Vorlesungen und Seminaren profitieren die Studierenden von kleinen Lerngruppen und kurzen Wegen zu den Dozenten. Die TH OWL zählt zu den forschungsstärksten Hochschulen in Deutschland und lebt die Einheit von Lehre und Forschung.