ZEIT für X
Die Initiatoren von Ackerpause stehen an einem Hochbeet

Büroerntefest mit nachhaltigen Vorsätzen

11. August 2022
Ein Artikel von Studio ZX.

Zusammen mit der Ackerpause haben Beschäftigte des Automobilzulieferers Motherson vor acht Wochen Gemüse in Hochbeeten angebaut. Nun ist Ernte­zeit, und der finale Workshop steht an. Sind die Pflanzen gewachsen? Und was haben die Beschäftigten durch das Projekt gelernt?

von Luca Pot d’Or, Studio ZX

Schon von Weitem kündigt ein angenehmer Grillgeruch das Motto des Nachmittages an: vom Acker auf den Teller. Denn heute wird geerntet und direkt für das Erntefest verarbeitet, was mehrere Wochen zuvor von den fleißigen Mit­arbeitenden eingepflanzt und dann gepflegt wurde. Damit wird dem Office-Gardening-Projekt von der Ackerpause und dem Auto­mobil­zu­lieferer Motherson ein würdiges Finale zuteil. ZEIT für Klima berichtete Anfang Juli von der Aussaat. Das Berliner Unternehmen Ackerpause bringt gesunde Ernährung und Nach­haltig­keit praxisnah in Unternehmen. Mit den Beschäftigten von Motherson hatte es beim Werk in Oldenburg in der Nähe von Bremen Samen und Jung­pflanzen in acht eigens aufgebaute Hochbeete gesetzt. In den folgenden Wochen betreuten kleine Teams die Beete – Anweisungen und Unterstützung bekamen sie digital über die Ackerpause-App sowie einen weiteren Workshop vor Ort. Nun, zur gemeinsamen Ernte, soll der Aufwand belohnt werden. Die Theorie über das Gärtnern, gesunde Ernährung und Nach­haltig­keit wird mit einem Essen in die Praxis umgesetzt.

Impulse für gesunde Ernährung

Davor steht eine kurze Gesprächs­runde zwischen den Beteiligten an: Was sie sich im Hinblick auf gesunde Ernährung seit dem letzten Mal vorgenommen hätten, möchte Ackercoach Patrick Berndt wissen. Weniger Fleisch und Zucker, lauten die ersten Antworten. Und: mehr Zeit nehmen für das Kochen, regional einkaufen. „Ich habe selbst ein Hochbeet auf meinem Balkon gebaut und Gemüse angepflanzt“, erzählt Sina Bock stolz. Die Mitarbeiterin aus dem Controlling hatte schon beim ersten Workshop ihre Pläne angekündigt, selbst gärtnern zu wollen – und dann ihre Pläne in die Tat umgesetzt. „Manchmal braucht man eben nur einen kleinen Impuls, damit sich im Verhalten etwas ändert“, erklärt Berndt. „Mich freut es jedes Mal, wenn ich sehe, dass wir mit unserem Projekt genau dafür sorgen können.“ Auch er habe sich vorgenommen, öfter in Gesell­schaft zu essen und sich mehr Zeit fürs Essen zu nehmen. Das Ernte- und Grillfest kommt da wie gerufen.

Sina Bock mit reichlich Gemüse und Kräutern auf dem Teller
© Luca Pot d‘Or Sina Bock von Motherson war mit ihren Kolleg:innen erfolgreich – reichlich Gemüse und Kräuter landeten beim Erntefest auf den Tellern.

Dass überhaupt genug wächst für ein gemeinsames Essen, ist keine Selbst­ver­ständlich­keit. Wetter, Schädlinge oder die falsche Handhabe können die Ernte eines Beetes erheblich beeinträchtigen. Das weiß auch Patrick Berndt aus Erfahrung und lobt die Gruppen: „Das sind mit Abstand die besten Beete, die ich seit Langem gesehen habe.“ Auch wenn die Rote Bete aufgrund der Trockenheit recht klein geblieben ist und die Tomaten noch nicht ganz reif sind, sprießt das Grün aus den Beeten fröhlich in die Höhe. „Daraus lässt sich hervorragend ein großer Salat machen, und meine Kollegin Beate macht mit euch Pesto“, erklärt Berndt, bevor er zusammen mit Ernährungs­coachin Beate Bohlen und jeweils einer Gruppe durch die Beete zieht und die Zutaten für die Speisen erntet. Hier ein bisschen Schnitt­lauch, dort eine Handvoll Rucola, und natürlich dürfen auch Mangold und Palmkohl nicht fehlen. Statt in Plastik verpacktes, nicht regionales Gemüse vom Supermarkt kommt hier Selbst­angebautes vom Beet neben dem Büro auf den Teller.

Vom Hochbeet auf den Teller

„Es ist einfach ein überragendes Gefühl zu sehen, zu spüren und nachher auch zu schmecken, was wir selbst geschaffen haben“, freut sich Sina Bock. Wie ihr ergeht es auch den anderen Teil­nehmenden, die schon bei der Aussaat dabei waren. Einige sind selbst aktiv geworden, haben wie Bock zu Hause Gemüse­beete angelegt, kaufen jetzt auch mal auf dem Wochenmarkt oder direkt beim Bauernhof am Stadt­rand ein, kochen gesünder und ernähren sich allgemein bewusster. Beim gemeinsamen Essen – selbst zubereitetes, teilweise angebratener Salat, Pesto und Bratwurst vom Grill – unterhalten sich die Kolleg:innen weiter über das Gemüse, die Kräuter und deren Zubereitung. „Die Ernte und deren Verarbeitung ist sicherlich das wichtigste, aber auch das schönste Element in unseren Projekten“, erklärt Lisa Schäfer, Kommunikations­managerin bei der Ackerpause. „Hier kommen die Teilnehmenden abteilungs­über­greifend zusammen, haben Spaß und ernten die Früchte ihrer gemeinsamen Arbeit. Das zu sehen, ist auch für uns das perfekte Finale.

Auch für das Unternehmen Motherson ist das Erntefest ein gelungener Abschluss des Projektes. Im Rahmen der betrieblichen Gesundheits­förderung und mit Unterstützung der AOK Niedersachsen stand vor allem die Vermittlung von gesundheits­förder­lichem Verhalten und gesunder Ernährung im Mittelpunkt. Dr. Jürgen Peter, Vorstands­vor­sitzender der AOK Niedersachsen, sagt dazu: „Die Gesundheit der Beschäftigten ist für viele der mehr als 150.000 Unternehmen in Niedersachsen längst ein Kernthema und die Acker­pause ein echtes, nach­haltiges Team­erlebnis. Die Mitarbeitenden können gemeinsam Gemüse anbauen und dann – vom Saatgut bis zur Ernte – alle Facetten gesunder Ernährung erfahren und genießen.“ Wie ökologische Landwirtschaft, Ernährung und Klimaschutz zusammen­spielen, wurde hier anschaulich und unmittelbar erfahrbar gemacht. „Umwelt, Soziales und Wirtschaft bedingen sich lang­fristig gegen­seitig. Wir übernehmen Verantwortung – mit dem Ziel, einen gesunden Lebens­stil anzuregen und die Menschen für einen wertschätzenden Umgang mit Natur und Lebens­mitteln zu sensibilisieren. Und parallel werden natürlich auch noch positive Team­erlebnisse geschaffen“, so Peter weiter.

Auch im Winter soll das Wissen zur Anwendung kommen

Ob der Erfolg nachhaltig sei, so Lisa Schäfer von der Ackerpause, würden vor allem die nächsten Monate zeigen. Selbst angebautes Gemüse und saisonale Ernährung haben vor allem im Sommer Hoch­konjunktur. Das Gärtnern im Herbst und Winter falle erfahrungs­gemäß schwerer. „Aber gerade Kohl- oder Wurzel­gemüse, verschiedene Salate und Kräuter wachsen und gedeihen in der kalten Jahres­zeit noch wunderbar“, so Schäfer. Sina Bock von Motherson ist davon überzeugt, dass das vermittelte Wissen langfristig zur Anwendung kommt: „Wir haben uns nun so viel mit den Beeten beschäftigt. Wer die Möglichkeit hat, macht zu Hause sicherlich weiter.“ Und wer nicht selbst gärtnert, schaut wenigstens zum Essen bei den anderen vorbei, scherzen die Teil­nehmenden zum Abschied.

Die Ackerpause ist ein Programm der AckerCompany GmbH mit einem Office-Gardening-Konzept, bei dem die Mitarbeitenden gemeinsam Gemüse anbauen – und zwar unmittelbar am Unter­nehmens­standort. Die Idee hinter dem Konzept entspringt dem gemeinnützigen Acker e. V. und dessen Bildungs­programmen „GemüseAckerdemie“, „AckerRacker“ sowie der „GemüseKlasse“. Während sich Letztere an Schulen und Kitas richten, erweitert die Ackerpause das Portfolio um die Erwachsenen­bildung. Das Angebot der Ackerpause ermöglicht Unternehmen ein ganzheitliches Office-Gardening-Konzept im Rundum-sorglos-Paket – vom gemeinsamen Anbau bis hin zur Ernte und Zubereitung der verschiedensten Gemüsesorten. Während mehrerer Workshop-Termine wird gesund­heits­förderliches Verhalten praxisnah und ohne großen Zeit­auf­wand in den Alltag integriert.